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Frank Wedekind

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Frank Wedekind: Der Gefangene

Frank Wedekind

(1864-1918)

Der Gefangene

 

Oftmals hab ich nachts im Bette

Schon gegrübelt hin und her,

Was es denn geschadet hätte,

Wenn mein Ich ein andrer wär.

Höhnisch raunten meine Zweifel

Mir die tolle Antwort zu:

Nichts geschadet, dummer Teufel,

Denn der andre wärest du!

Hilflos wälzt ich mich im Bette

Und entrang mir dies Gedicht,

Rasselnd mit der Sklavenkette,

Die kein Denker je zerbricht.

 

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Frank Wedekind: Gebet eines Kindes

Frank Wedekind

(1864-1918)

Gebet eines Kindes

 

Wann endlich wird der müden Welt

Die heißersehnte Ruh beschieden,

Die über uns am Himmelszelt

Beseelt der Sterne ew’gen Frieden?

Glücksel’ger Tag, wenn einst hienieden

Das wüste Toben eingestellt,

Sich liebend in die Arme fällt,

Was sich von Anbeginn gemieden!

Du heil’ge Nacht, aus Kampfgebraus

Flieh ich mit jammernder Gebärde

Zu dir, daß uns geholfen werde.

Gieß deinen milden Segen aus

Und sieh, es würde dieses Haus

Zum schönsten Paradies der Erde!

 

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Frank Wedekind: Das arme Mädchen

Frank Wedekind

(1864-1918)

Das arme Mädchen

 

Böt mir einer, was er wollte,

Weil ich arm und elend bin,

Nie, und wenn ich sterben sollte,

Gäb ich meine Ehre hin!

Schaudernd eilt das Mädchen weiter,

Ohne Obdach, ohne Brot,

Das Entsetzen ihr Begleiter,

Ihre Zuversicht der Tod.

Es klappert in den Laternen

Des Winters eisig Wehn,

Am Himmel ist von den Sternen

Kein einziger zu sehn.

Wie sie nun noch eine Strecke

Weiter irrt, sieht sie von fern

An der nächsten Straßenecke

Einen ernsten, jungen Herrn.

Ihm zu Füßen auf die Steine

Bricht sie ohne einen Laut,

Hält umklammert seine Beine,

Und der Herr verwundert schaut:

»Wenn dich die Menschen verlassen,

Komm auf mein Zimmer mit mir;

Jetzt tobt in allen Gassen

Nur wilde Begier.«

Und sie folgte seinen Schritten,

Hielt sich schüchtern hinter ihm;

Jener hat es auch gelitten,

Wurde weiter nicht intim.

Angelangt auf seinem Zimmer

Zündet er die Lampe an,

Bei des Lichtes mildem Schimmer

Bald sich ein Gespräch entspann:

»Es boten mir wohl viele

Ein Obdach für die Nacht,

Doch hatten sie zum Ziele,

Was mich erschaudern macht.«

»Ferne sei mir das Verlangen«,

Sprach der ernste, junge Mann,

»Dir zu färben deine Wangen,

Wenn ich’s nicht durch Güte kann.«

Bat sie, länger nicht zu weinen,

Holte Wurst und kochte Tee,

Und am Morgen zog er einen

Taler aus dem Portemonnaie.

Sie hat ihn bescheiden genommen

Und fand, eh der Tag vorbei,

Als Plätterin Unterkommen

In einer Wäscherei.

Aber ach, die Tage gingen

Und die Nächte freudlos hin,

Bluteswallungen umfingen

Ihren frommen Kindersinn.

Immer mußt sie sein gedenken,

Der so freundlich zu ihr war,

Immer mußt den Kopf sie senken

In der muntern Mädchenschar.

Und eines Abends um neune

Hielt sie’s nicht aus,

Lief ganz alleine

Nach seinem Haus.

Er war noch nicht heimgekommen,

Sie verkroch sich unters Bett,

Bis sie seinen Schritt vernommen,

Wo sie gern gejubelt hätt.

Doch sie hielt sich still da unten,

Bis er sich zu Bett gelegt

Und den süßen Schlaf gefunden,

Dann erst hat sie sich geregt.

Leise wie eine Elfe

Schlupft sie zu ihm hinein:

»Daß Gott mir helfe –

Ich bin dein!«

Doch da hat er sich erhoben,

Wußte erst nicht, was geschah,

Hat die Kissen vorgeschoben,

Als das Kind er nackend sah:

»Nein, jetzt will ich dich nicht haben;

Wohl dir, daß du mir vertraut!

Aber spare deine Gaben,

Denn schon morgen bist du Braut!«

Er führte binnen acht Tagen

Sie wirklich zum Altar.

Es läßt sich gar nicht sagen,

Wie glücklich sie war.

 

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Frank Wedekind: Wegweiser

Frank Wedekind

(1864-1918)

Wegweiser

 

Zum Wassertrinker bin ich nicht geboren,

Das kann euch meine edle Muse zeigen;

Sie singt beim Wein und fällt in tiefes Schweigen,

Wenn sich der letzte Schluck im Bauch verloren.

Dem Wasser hab ich ew’gen Haß geschworen,

Weil ihm der Zauberdünste keiner eigen,

Die traumschwer aus dem dunklen Becher steigen,

Den ich zum Weiser mir des Wegs erkoren.

Er ist ein gar verständiger Geselle,

Er drängt direkt mich zu des Tempels Schwelle

Und öffnet meinem Blick die dunklen Türen.

Im Taumel tapp ich nach der heiligen Zelle

Und muß des Ortes Weihe nur verspüren,

Dann ist’s kein Kunststück mehr, mich zu verführen.

 

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Frank Wedekind: An Elka

Frank Wedekind

(1864-1918)

An Elka

 

Elka, länger kann ich mich nicht halten,

Meine Sinne toben allzu wild;

Und in allen weiblichen Gestalten

Seh ich schon dein Götterbild!

Auch im Traum bist du mir schon erschienen,

Dich entkleidend; oh wie ward mir da!

Schwindlig ward mir hinter den Gardinen,

Als ich deinen Busen sah.

Meine beiden Knie wurden brüchig,

Von der Stirne triefte mir das Fett.

Als das Hemd du abgetan, da schlich ich

Wonneschauernd an dein Bett.

Mach, daß dieser Traum sich bald erfülle;

Mach, erhabne Königin,

Daß bei dir ich vor Behagen brülle,

Nicht vor Wut, weil ich dir ferne bin.

 

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Frank Wedekind: Brigitte B.

Frank Wedekind

(1864-1918

Brigitte B.

 

Ein junges Mädchen kam nach Baden,

Brigitte B. war sie genannt,

Fand Stellung dort in einem Laden,

Wo sie gut angeschrieben stand.

Die Dame, schon ein wenig älter,

War dem Geschäfte zugetan,

Der Herr ein höherer Angestellter

Der königlichen Eisenbahn.

Die Dame sagt nun eines Tages,

Wie man zur Nacht gegessen hat:

»Nimm dies Paket, mein Kind, und trag es

Zu der Baronin vor der Stadt.«

Auf diesem Wege traf Brigitte

Jedoch ein Individium,

Das hat an sie nur eine Bitte,

Wenn nicht, dann bringe er sich um.

Brigitte, völlig unerfahren,

Gab sich ihm mehr aus Mitleid hin.

Drauf ging er fort mit ihren Waren

Und ließ sie in der Lage drin.

Sie konnt es anfangs gar nicht fassen,

Dann lief sie heulend und gestand,

Daß sie sich hat verführen lassen,

Was die Madam begreiflich fand.

Daß aber dabei die Tournüre

Für die Baronin vor der Stadt

Gestohlen worden sei, das schnüre

Das Herz ihr ab, sie hab sie satt.

Brigitte warf sich vor ihr nieder,

Sie sei gewiß nicht mehr so dumm;

Den Abend aber schlief sie wieder

Bei ihrem Individium.

Und als die Herrschaft dann um Pfingsten

Ausflog mit dem Gesangverein,

Lud sie ihn ohne die geringsten

Bedenken abends zu sich ein.

Sofort ließ er sich alles zeigen,

Den Schreibtisch und den Kassenschrank,

Macht die Papiere sich zu eigen

Und zollt ihr nicht mal mehr den Dank.

Brigitte, als sie nun gesehen,

Was ihr Geliebter angericht’,

Entwich auf unhörbaren Zehen

Dem Ehepaar aus dem Gesicht.

Vorgestern hat man sie gefangen,

Es läßt sich nicht erzählen, wo;

Dem Jüngling, der die Tat begangen,

Dem ging es gestern ebenso.

 

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Frank Wedekind: Ilse

Frank Wedekind

(1864-1918)

Ilse

 

Ich war ein Kind von fünfzehn Jahren,

Ein reines unschuldsvolles Kind,

Als ich zum erstenmal erfahren,

Wie süß der Liebe Freuden sind.

Er nahm mich um den Leib und lachte

Und flüsterte: O welch ein Glück!

Und dabei bog er sachte, sachte

Den Kopf mir auf das Pfühl zurück.

Seit jenem Tag lieb ich sie alle,

Des Lebens schönster Lenz ist mein;

Und wenn ich keinem mehr gefalle,

Dann will ich gern begraben sein.

 

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Frank Wedekind: Menschlichkeit

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Frank Wedekind
(1864-1918)

Menschlichkeit

Der grausamste Krieg – der menschlichste Krieg!
Zum Frieden führt er durch raschesten Sieg.
Kaum hört’s der Gegner, denkt er: Hallo!
Natürlich wüt’ ich dann ebenso!
Nun treiben die beiden Wüteriche
Die Grausamkeit ins Ungeheuerliche
Und suchen durch das grausamste Wüten
Sich gegenseitig zu überbieten –
Jeder gegen den andern bewehrt
Durch zehn Millionen Leute,
Und wenn sie noch nicht aufgehört,
Dann wüten sie noch heute.

 


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