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Ball, Hugo

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OBSESSION DADA: 165 FEIERTAGE DADA (CABARET VOLTAIRE – DADA ZÜRICH)

voltaireDADA103Geburtsort Cabaret Voltaire
Es war nur eine kurze Episode, ein halbes Jahr «Cabaret Voltaire» zwischen Februar und Juni 1916, die sich in der Liegenschaft Spiegelgasse 1 abspielte. Bekannt ist, dass die Dadaisten den 1885 geschaffenen Saal auf der Hinterseite des Gebäudes nutzten und dass die Wände schwarz und die Decke blau gestrichen waren. Der Saal ist noch vorhanden, er wurde aber in den 1950er-Jahren kräftig umgebaut. Nicht einmal die heutigen Saalfenster mit ihrem auffälligen Stichbogensturz stammen aus der Zeit des Cabaret Voltaire. Man hat 1950 die ursprünglich noch viel grösseren Rechteckfenster historisierend verkleinert. Untersuchungen an den Wänden des Saals ergaben, dass alle vorgefundenen Farbschichten aus der Zeit von 1950 und später stammten. Unter diesen jungen Farbschichten kam eine Backsteinwand zum Vorschein, die ursprünglich mit einem Täfer verkleidet gewesen sein muss. Dieses ist 1950 entfernt worden. Auch die blaue Decke ist heute nicht mehr vorhanden. Somit finden sich – zumindest an den untersuchten Stellen – nicht einmal mehr Farbspuren des Zustandes von 1916. Aus der Zeit stammen der Grundriss und die Raumhöhe, sowie die Gusseisensäulen im Innern des Saales. Das Säulenpaar stützt seit 1885 die darüber stehende Hausfassade, die einfach hilft die Decke zu tragen und reicht bis in den mächtigen Gewölbekeller hinunter.

Obsession Dada: 165 Feiertage
voltaireDADA105Am 5. Februar 2016 jährt sich die Eröffnung des Cabaret Voltaire zum 100. Mal und Dada feiert damit ein Jahrhundert der Existenz. Gefeiert wird dies mit 165 Feiertagen und einer Manifestation unserer Obsession Dada. Wir tun dies mit den drei Themenbereichen Dadalogie, Akademie und Kunst mit dem Ziel, durch dieses Ritual eine Transformation des Cabaret Voltaire zu erreichen, um es zu dem zu machen, was es vor 100 Jahren war: eine Künstlerkneipe und ein freier Ort der zeitgenössischen Kunst. Wir tun dies, indem wir Schwung holen bei den Dadaisten, uns von ihnen inspirieren lassen und von ihnen lernen, mit Philosophen über Gesellschaft und Kunst nachdenken und mit Künstlerinnen und Künstlern die Energieeinheit Obsession entzünden.

Ausstellung «Obsession Dada»
Pünktlich zum 100. Geburtstag eröffnet in der Krypta des Cabaret Voltaire die von Adrian Notz und Una Szeemann kuratierte Ausstellung «Obsession Dada». Sie basiert auf Dokumenten aus dem Archiv des grossen Kurators Harald Szeemann. Für «Obsession Dada» werden u.a. Dokumente über das Museum der Obsessionen und die Agentur für geistige Gastarbeit publiziert.

«Ich sehe diese Ausstellung als eine Entdeckungsreise zu den vielen Intensionen von Obsessionen. Und auf diesem Weg begegne ich vielen wunderschönen Inseln», so Una Szeemann.

Mit einer raumgreifenden Installation, von ihr in konzipiert und in Zusammenarbeit mit Markus Kummer realisiert, wird eine Bühne für Obsessionen geschaffen, die wöchentlich mit Performances, Lesungen und Manifesten bespielt wird.

Den Auftakt macht am 5.2. das Kollektiv Lu Cafausu, gefolgt von Oppy De Bernardo & Aldo Mozzini, Garrett Nelson, Domenico Billar, Thomas Hirschhorn, Marcel Janco, Carlos Amorales, Michele Robecchi, Gianni Motti, Shana Lutker, Nedko Solakov, Pilar Albarracin, Lily Reynaud Dewar, Grupo EmpreZa, Königreiche von Elgaland-Vargaland (KREV) uvm.

voltaireDADA106«Offizium» für die 165 wichtigsten DadaIstinnen
Parallel widmet sich Adrian Notz im täglichen Offizium um 6:30h den 165 DadaistInnen. Am Feiertag von Hans Arp wird die «Die Schwalbenhode» vortragen. Sophie Taeuber-Arp wird am 24. Februar. zelebriert.

Wahrlich gefeiert wird allabendlich, an den Soiréen. So wird zum Beispiel mit 6 Tänzerinnen und einer Puppenspielerin am 10. Februar die Marionette «The Robot King» von Sophie Taeuber-Arp zum Leben erweckt, nach einer 36 stündigen «Hacktion» spielt am 5. März die Genfer Kultband «The Death Brothers» oder die internationale Performance Gruppe «Blago Bung», deren Name vom lautmalerischen Ausdruck von Hugo Ball abgeleitet wurde, kreiert für den 9. April ein Lyrik-Konzert.

«Obsession Dada»
5. Februar–15. Mai 2016
Dokumente aus dem Harald Szeemann Archiv
Wöchentliche Soiréen mit zeitgenössischen KünstlerInnen
165 Feiertage
Cabaret Voltaire
Spiegelgasse 1
8001 Zürich

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100 JAHRE CABARET VOLTAIRE ZÜRICH

Cabaret_Voltaire13100 Jahre Cabaret Voltaire Jubiläum

Das Cabaret Voltaire begeht den hundertsten Geburtstag von Dada und dem Cabaret Voltaire mit 165 Feiertagen: Einen für jede und jeden der 165 DadaistInnen, die bereits in der Dauerausstellung «Dada in Nuce» portraitiert wurden. 2016 fokussiert sich das Cabaret Voltaire wieder verstärkt auf die Zusammenarbeit mit zeitgenössischen KünstlerInnen, welche sich mit Dada auseinandersetzen. Mit täglich stattfindenden Soiréen will das Cabaret Voltaire in einer masslos überfordernden Bespielung bis zum Irrsinn, bis zur Bewusstlosigkeit einen künstlerischen Ort schaffen, in dem das Ereignis im Vordergrund steht.

Am 5. Februar 2016 wird das Cabaret Voltaire hundert Jahre alt. Als Geburtsort von Dada wollen wir dieses Ereignis von Februar bis Juli – der historisch-mythischen Entstehungszeit von Dada – exzessiv feiern. Denn hier, an der Spiegelgasse 1 in Zürich, wurde 1916 am Abend des 5. Februar im Saal der «Meierei» die «Künstlerkneipe Voltaire», welche später in «Cabaret Voltaire» umbenannt wurde, der erste Dada Abend ausgetragen. Cabaret_Voltaire12Tristan Tzara, Marcel Janco, Hans Arp, Sophie Taeuber-Arp, Hugo Ball, Emmy Hennings und Richard Huelsenbeck gehörten zu den Begründern. Der 5. Februar wird offiziell als Geburtstag von Dada gefeiert, obschon erst am 18. April 1916 die Bezeichnung «Dada» gefunden wurde. Das Cabaret Voltaire selbst war bis zum 23. Juni 1916 in Betrieb, als Hugo Ball im kubistischen Kostüm als magischer Bischof auftrat. Danach fand am 14. Juli 1916 im Zunfthaus zur Waag die erste Dada Soirée mit dem Vortrag des Eröffnungs-Manifests von Hugo Ball statt. Diesen Zeitraum bis zur Abreise von Hugo Ball und Emmy Hennings ins Tessin um den 18. Juli 1916 kann man als die mythische Entstehungszeit von Dada betrachten. Ein Jahr später wurde Dada in der «Galerie Dada» als Kunstbewegung berühmt und weltweit verbreitet.

Die 165 Feiertage zum hundertsten Geburtstag werden zu einer Legende, zu einer Gladiatorengeste, ähnlich derjenigen des ursprünglichen Cabaret Voltaire, zur Wiederaufführung einer Legende und zum Ausleben einer Obsession. Der «Obsession Dada» geht das Cabaret Voltaire auch in einer gleichnamigen Sonderausstellung (Eröffnung 5. Februar 2016) auf den Grund. Der Schweizer Kurator Harald Szeemann (1933–2005) hat sich mit Obsession der Kunst und dem Cabaret_Voltaire10Ausstellungsmachen verschrieben. Viele seiner Ausstellungen widmeten sich explizit Dada oder den Dada-Erben. Gemeinsam mit der Künstlerin Una Szeemann will das Cabaret Voltaire dieser Obsession im Archiv von Harald Szeemann im Getty Research Center in Los Angeles nachgehen und in Zusammenarbeit mit dem Getty Research Center eine Ausstellung samt Publikation entwickeln. Ein weiterer zeitgenössischer Künstler, welcher im Jubiläumsjahr im Cabaret Voltaire die erste «Soirée des Cubismo Ideologico» organisieren wird, ist der mexikanische Künstler Carlos Amorales, der Begründer der avantgardistischen Bewegung «Cubismo Ideologico». Er spürt in Lateinamerika dem Stern nach, welchen Marcel Duchamp sich einrasiert hat. Die schwedischen Künstler Carl Michael Hausswolff und Leif Elggren, Begründer der «Königreiche von Elgaland-Vargaland» (KREV), deren Territorium aus allen Grenzen und dem «Dazwischen» besteht, organisieren 2016 ein Gipfeltreffen, im Zuge dessen die Schweiz als Grenze von den Königreichen von Elgaland-Vargaland annektiert wird und somit alle Innen- und Aussengrenzen der Schweiz aufgehoben werden. Die Schweiz als «Vogelkäfig umgeben von brüllenden Löwen», wie Hugo Ball 1916 sagte, wird zur internationalen Grenze, einer neutralen Zone oder einem Kondomminium aller Staaten der Welt.

Dada Jubiläum im Cabaret Voltaire 5. Februar–18. Juli 2016

Cabaret Voltaire
Spiegelgasse 1 Dada-fotografie project ‘Hoe bluf ik mijn weg door fotografie?’
8001 Zürich

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HUGO BALL: DER HENKER

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Hugo Ball
(1886–1927)

Der Henker

Ich kugle Dich auf Deiner roten Decke.
Ich bin am Werk: blank wie ein Metzgermeister.
Tische und Bänke stehen wie blitzende Messer
der Syphiliszwerg stochert in Töpfen voll Gallert und Kleister.
Dein Leib ist gekrümmt und blendend und glänzt wie der gelbe Mond
deine Augen sind kleine lüsterne Monde
dein Mund ist geborsten in Wollust und in der Jüdinnen Not
deine Hand eine Schnecke, die in den blutroten Gärten voll Weintrauben und Rosen wohnte.

Hilf, heilige Maria! Dir sprang die Frucht aus dem Leibe
sei gebenedeit! Mir rinnt geiler Brand an den Beinen herunter.
Mein Haar ein Sturm, mein Gehirn ein Zunder
meine Finger zehn gierige Zimmermannsnägel
die schlage ich in der Christenheit Götzenplunder.

Als dein Wehgeschrei dir die Zähne aus den Kiefern sprengte
da brach auch ein Goldprasseln durch die Himmelssparren nieder.
Eine gigantische Hostie gerann und blieb zwischen Rosabergen stehen
ein Hallelujah gurgelte durch Apostel- und Hirtenglieder.
Da tanzten nackichte Männer und Huren in verrückter Ekstase
Heiden, Türken, Kaffern und Muhammedaner zumal

Da stoben die Engel den Erdkreis hinunter
Und brachten auf feurigem Teller die Finsternis und die Qual.
Da war keine Mutterknospe, kein Auge mehr blutunterlaufen und ohne Hoffen
Jede Seele stand für die Kindheit und für das Wunder offen.

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HUGO BALL: DADA MANIFESTO (1916)

ball_hugo10Dada Manifesto by Hugo Ball (1886–1927)
Read at the first public by Dada soirée, Zurich, July 14, 1916.

Dada is a new tendency in art. One can tell this from the fact that until now nobody knew anything about it, and tomorrow everyone in Zurich will be talking about it. Dada comes from the dictionary. It is terribly simple. In French it means “hobby horse”. In German it means “good-bye”, “Get off my back”, “Be seeing you sometime”. In Romanian: “Yes, indeed, you are right, that’s it. But of course, yes, definitely, right”. And so forth.

An International word. Just a word, and the word a movement. Very easy to understand. Quite terribly simple. To make of it an artistic tendency must mean that one is anticipating complications. Dada psychology, dada Germany cum indigestion and fog paroxysm, dada literature, dada bourgeoisie, and yourselves, honoured poets, who are always writing with words but never writing the word itself, who are always writing around the actual point. Dada world war without end, dada revolution without beginning, dada, you friends and also-poets, esteemed sirs, manufacturers, and evangelists. Dada Tzara, dada Huelsenbeck, dada m’dada, dada m’dada dada mhm, dada dera dada, dada Hue, dada Tza.

How does one achieve eternal bliss? By saying dada. How does one become famous? By saying dada. With a noble gesture and delicate propriety. Till one goes crazy. Till one loses consciousness. How can one get rid of everything that smacks of journalism, worms, everything nice and right, blinkered, moralistic, europeanised, enervated? By saying dada. Dada is the world soul, dada is the pawnshop. Dada is the world’s best lily-milk soap. Dada Mr Rubiner, dada Mr Korrodi. Dada Mr Anastasius Lilienstein. In plain language: the hospitality of the Swiss is something to be profoundly appreciated. And in questions of aesthetics the key is quality.

I shall be reading poems that are meant to dispense with conventional language, no less, and to have done with it. Dada Johann Fuchsgang Goethe. Dada Stendhal. Dada Dalai Lama, Buddha, Bible, and Nietzsche. Dada m’dada. Dada mhm dada da. It’s a question of connections, and of loosening them up a bit to start with. I don’t want words that other people have invented. All the words are other people’s inventions. I want my own stuff, my own rhythm, and vowels and consonants too, matching the rhythm and all my own. If this pulsation is seven yards long, I want words for it that are seven yards long. Mr Schulz’s words are only two and a half centimetres long.

It will serve to show how articulated language comes into being. I let the vowels fool around. I let the vowels quite simply occur, as a cat meows . . . Words emerge, shoulders of words, legs, arms, hands of words. Au, oi, uh. One shouldn’t let too many words out. A line of poetry is a chance to get rid of all the filth that clings to this accursed language, as if put there by stockbrokers’ hands, hands worn smooth by coins. I want the word where it ends and begins. Dada is the heart of words.

Each thing has its word, but the word has become a thing by itself. Why shouldn’t I find it? Why can’t a tree be called Pluplusch, and Pluplubasch when it has been raining? The word, the word, the word outside your domain, your stuffiness, this laughable impotence, your stupendous smugness, outside all the parrotry of your self-evident limitedness. The word, gentlemen, is a public concern of the first importance.

Dada Manifesto by Hugo Ball (1886–1927)
Dada soirée, Zurich, July 14, 1916.

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HUGO BALL: ICH LIEBTE NICHT DIE TOTENKOPFHUSAREN

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Hugo Ball
(1886–1927)

Ich liebte nicht die Totenkopfhusaren

Und nicht die Mörser mit den Mädchennamen
Und als am End die großen Tage kamen,
Da bin ich unauffällig weggefahren.
Gott sei’s geklagt und ihnen, meine Damen:
Gleich Absalom blieb ich an langen Haaren,
Dieweil sie schluchzten über Totenbahren
Im Wehbaum hängen aller ihrer Dramen.
Sie werden auch in diesen Versen finden
Manch Marterspiel und stürzend Abenteuer.
Man stirbt nicht nur durch Minen und durch Flinten.
Man wird nicht von Granaten nur zerrissen.
In meine Nächte drangen Ungeheuer,
Die mich die Hölle wohl empfinden ließen.

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HUGO BALL: DAS ERSTE DADAISTISCHE MANIFEST

ball_hugo10Das erste dadaistische Manifest
Dada ist eine neue Kunstrichtung. Das kann man daran erkennen, daß bisher niemand etwas davon wußte und morgen ganz Zürich davon reden wird. Dada stammt aus dem Lexikon. Es ist furchtbar einfach. Im Französischen bedeutet’s Steckenpferd. Im Deutschen heißt’s Addio, steigts mir den Rücken runter. Auf Wiedersehen ein andermal! Im Rumänischen: »Ja wahrhaftig, Sie haben recht, so ist’s. Jawohl, wirklich, machen wir.« Und so weiter.

Ein internationales Wort. Nur ein Wort und das Wort als Bewegung. Sehr leicht zu verstehen. Es ist ganz furchtbar einfach. Wenn man eine Kunstrichtung daraus macht, muß das bedeuten, man will Komplikationen wegnehmen. Dada Psychologie, Dada Deutschland samt Indigestionen und Nebelkrämpfen, Dada Literatur, Dada Bourgeoisie, und ihr, verehrteste Dichter, die ihr immer mit Worten, aber nie das Wort selber gedichtet habt, die ihr um den nackten Punkt herumdichtet. Dada Weltkrieg und kein Ende, Dada Revolution und kein Anfang, Dada ihr Freunde und Auchdichter, allerwerteste, Manufakturisten und Evangelisten Dada Tzara, Dada Huelsenbeck, Dada m’dada, Dada m’dada Dada mhm, dada dera dada Dada Hue, Dada Tza.
Wie erlangt man die ewige Seligkeit? Indem man Dada sagt. Wie wird man berühmt? Indem man Dada sagt. Mit edlem Gestus und mit feinem Anstand. Bis zum Irrsinn. Bis zur Bewußtlosigkeit. Wie kann man alles Journalige, Aalige, alles Nette und Adrette, Bornierte, Vermoralisierte, Europäisierte, Enervierte, abtun? Indem man Dada sagt. Dada ist die Weltseele, Dada ist der Clou. Dada ist die beste Lilienmilchseife der Welt. Dada Herr Rubiner, Dada Herr Korrodi. Dada Herr Anastasius Lilienstein.

Das heißt auf Deutsch: Die Gastfreundschaft der Schweiz ist über alles zu schätzen. Und im Ästhetischen kommt es auf die Qualität an.

Ich lese Verse, die nichts weniger vorhaben als: auf die konventionelle Sprache zu verzichten, ad acta zu legen. Dada Johann Fuchsgang Goethe. Dada Stendhal. Dada Dalai Lama, Buddha, Bibel und Nietzsche. Dada m’dada. Dada mhm dada da. Auf die Verbindung kommt es an, und daß sie vorher ein bißchen unterbrochen wird. Ich will keine Worte, die andere erfunden haben. Alle Worte haben andre erfunden. Ich will meinen eigenen Unfug, meinen eigenen Rhythmus und Vokale und Konsonanten dazu, die ihm entsprechen, die von mir selbst sind. Wenn diese Schwingung sieben Ellen lang ist, will ich füglich Worte dazu, die sieben Ellen lang sind. Die Worte des Herrn Schulze haben nur zweieinhalb Zentimeter.

Da kann man nun so recht sehen, wie die artikulierte Sprache entsteht. Ich lasse die Vokale kobolzen. Ich lasse die Laute ganz einfach fallen, etwa wie eine Katze miaut… Worte tauchen auf, Schultern von Worten, Beine, Arme, Hände von Worten. Au, oi, uh. Man soll nicht zu viel Worte aufkommen lassen. Ein Vers ist die Gelegenheit, allen Schmutz abzutun. Ich wollte die Sprache hier selber fallen lassen. Diese vermaledeite Sprache, an der Schmutz klebt, wie von Maklerhänden, die die Münzen abgegriffen haben. Das Wort will ich haben, wo es aufhört und wo es anfängt. Dada ist das Herz der Worte.
Jede Sache hat ihr Wort, aber das Wort ist eine Sache für sich geworden. Warum soll ich es nicht finden? Warum kann der Baum nicht »Pluplusch« heißen? und »Pluplubasch«, wenn es geregnet hat? Das Wort, das Wort, das Wort außerhalb eurer Sphäre, eurer Stickluft, dieser lächerlichen Impotenz, eurer stupenden Selbstzufriedenheit, außerhalb dieser Nachrednerschaft, eurer offensichtlichen Beschränktheit. Das Wort, meine Herren, das Wort ist eine öffentliche Angelegenheit ersten Ranges.

Hugo Ball (1886–1927)

(Quelle: Hugo Ball: Der Künstler und die Zeitkrankheit. Frankfurt a.M. 1984, S. 39-41 (http://www.zeno.org))

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HUGO BALL: ALS ICH DAS CABARET VOLTAIRE GRÜNDETE . . . . .

ball_hugo10Als ich das Cabaret Voltaire gründete, war ich der Meinung, es möchten sich in der Schweiz einige junge Leute finden, denen gleich mir daran gelegen wäre, ihre Unabhängigkeit nicht nur zu genießen, sondern auch zu dokumentieren.

Ich ging zu Herrn Ephraim, dem Besitzer der ›Meierei‹, und sagte: ›Bitte, Herr Ephraim, geben Sie mir Ihren Saal. Ich möchte ein Cabaret machen.‹ Herr Ephraim war einverstanden und gab mir den Saal. Und ich ging zu einigen Bekannten und bat sie:›Bitte geben Sie mir ein Bild, eine Zeichnung, eine Gravüre. Ich möchte eine kleine Ausstellung mit meinem Cabaret verbinden.‹ Ging zu der freundlichen Züricher Presse und bat sie: ›Bringen Sie einige Notizen. Es soll ein internationales Cabaret werden. Wir wollen schöne Dinge machen.‹ Und man gab mir Bilder und brachte meine Notizen. Da hatten wir am 5 Februar ein Cabaret. Mde. Hennings und Mde. Leconte sangen französische und dänische Chansons. Herr Tristan Tzara rezitierte rumänische Verse. Ein Balaikida-Orchester spielte entzückende russische Volkslieder und Tänze.

Viel Unterstützung und Sympathie fand ich bei Herrn M. Slodki, der das Plakat des Cabarets entwarf, bei Herrn Hans Arp, der mir neben eigenen Arbeiten einige Picassos zur Verfügung stellte und mir Bilder seiner Freunde 0. van Rees und Artur Segall vermittelte. Viel Unterstützung bei den Herren Tristan Tzara, Marcel Janco und Max Oppenheimer, die sich gerne bereit erklärten, im Cabaret auch aufzutreten. Wir veranstalteten eine RUSSISCHE und bald darauf eine FRANZÖSISCHE Soirèe (aus Werken von Apollinaire, Max Jacob, Andrè Salmon, A. Jarry, Laforgue und Rimbaud). Am 26. Februar kam Richard Huelsenbeck aus Berlin, und am 30. März führten wir eine wundervolle Negermusik auf (toujours avec la grosse caisse: boum boum boum boum – drabatja mo gere drabatja mo bonoooooooooooo–). Monsieur Laban assistierte der Vorstellung und war begeistert. Und durch die Initiative des Herrn Tristan Tzara führten die Herren Tzara, Huelsenbeck und Janco (zum ersten Mal in Zürich und in der ganzen Welt) simultanistische Verse der Herren Henri Barzun und Fernand Divoire auf, sowie ein Poème simultan eigener Composition, das auf der sechsten und siebenten Seite abgedruckt ist. Das kleine Heft, das wir heute herausgeben, verdanken wir unserer Initiative und der Beihilfe unserer Freunde in Frankreich, ITALIEN und Rußland. Es soll die Aktivität und die Interessen des Cabarets bezeichnen, dessen ganze Absicht darauf gerichtet ist, über den Krieg und die Vaterländer hinweg an die wenigen Unabhängigen zu erinnern, die anderen Idealen leben. Das nächste Ziel der hier vereinigten Künstler ist die Herausgabe einer Revue Internationale.

La revue paraîtra à Zurich et portera le nom ›DADA‹. (›Dada‹) Dada Dada Dada Dada.

Hugo Ball  (1886–1927)

Quelle: Hugo Ball: Der Künstler und die Zeitkrankheit. Frankfurt a.M. 1984, S. 37-39 (http://www.zeno.org)

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Hugo Ball: Totenrede für Hans Leybold

hugoball_cabvoltaire3Hugo Ball: Totenrede für Hans Leybold (April 1915)

Hans Leybold — ich muß ihn ja gekannt haben! Wir führten an den Kammerspielen in München zusammen Hauptmanns »Helios« auf. Er war ein Student. Er machte mich mit der »Aktion« bekannt. Er negierte mein Gesäß. Er reizte mich maßlos.

Wir fanden einen kleinen Verlag in München. Der hieß Bachmair, H. F. S. X. Y. Bachmair. Anlaß vielen Gelächters für uns. Sprach Leybold: »Lasset uns eine Zeitschrift gründen!« Die hießen wir »Revolution«. Als die Zeitschrift gegründet war, verlangten die Abonnenten ein Programm. Leybold sprach: »Wohlan denn, Ihr —, wennschon immerhin: Hier habet ihr ein Programm«. Und schrieb: »Kampf gegen Seiendes, für Keimendes. Gegen Kunstportiere, Kulturportiere, Avenariusse, Scharrelmänner, Obskuranten, Schwärzlinge, Hertlinge, Hohlwege, Panteutschisten, Stagnaten, Kastraten. Gegen literaturbehaftete Oberlehrer, kunstsinnige Kritiker, allgemeine Rundschauer. In Summa: Gegen Zuständliches«. Und fügte hinzu: »Nichtschriftsteller heraus! Keine Literaten sollen gezüchtet werden«. Da hatte man denn die Revolution! Da war sie. 20 Jahre alt war der Kerl. Sehr hurtig. Und paffte einfach drauf los.

Sprach jemand in Berlin: »Was ist das für eine Revolution, die ihr da macht in München! Da steht ja kein Satz Politik drin!« »Richtig«, sprach Leybold, »da steht kein Satz Politik drin. Was soll man tun?« 5 Minuten später waren wir konfisziert mit Nummer I.

»Holla«, sagte ich zu ihm, »da steht nur kein Sozialismus, keine Altersfürsorge, kein Mutterheim, kein Rotes Kreuz drin. Und auch die Rosa Luxemburg wird nicht mitarbeiten. Noch Frau Zetkin«. »Aaber: Politik, zum Donnerwetter, Politik«, sprachen wir zweistimmig, »ist das etwas anderes als die Lehre von den Mitteln, mit denen man sich selbst oder eine Idee durchsetzt? Und wenn unsere Idee — na, sagen wir schon — ›der Geist‹ ist, ist es vielleicht unsere Politik, daß wir ›den Geist‹ durchsetzen?« Unter Geist verstanden wir aber alles, was gegen das Gesäß, gegen die Verdauung und gegen das Finanzherz gerichtet ist. Jeglichen Fanatismus im Gegensatz zu jeglichem Traum- und Innenleben. Jegliche Anarchie im Gegensatz zu jeglichem Bonzentum (sei’s, wer’s sei). Wir versuchten, das überlegene geistige Kaliber in unsere Hand zu bekommen und es spielen zu lassen. Wir suchten jede Handlung, jedes Unternehmen, jede Zeile Geschriebenes nur im Zusammenhang mit unserer Endabsicht zu ästimieren, für Komplexe empfindlicher als für Äußerungen. Für Wandlungen dankbarer als für »Charakter«. Unser Ziel aber hieß: Geistige Konspiration zwecks Ermöglichung geistiger Werte.

Inzwischen verspritzten wir Glossen und Gedichte, nach allen Seiten. »Die Revolution« verkrachte nach 5 Nummern. Leybold wurde nacheinander Mitarbeiter des »März«, des »Vorwärts«, der »Aktion«, der »Zeit im Bild«, der »Tat«.

Das Bedeutsamste, was er in dieser Zeit schrieb, scheint mir eine Glosse in »Zeit im Bild« gewesen zu sein. Dort vertrat er die Ansicht: »Es muß (in diesem Volk) immer etwas los sein. Immer etwas knallen, passieren. Immer wer angezaubert werden. Laut erhebet eure Stimmen, lauter, lauter. Der Zweck heiligt die Mittel«. Ein richtiger Jesuit, was? »Die Stillen im Lande«, meinte er, »werden nicht gehört«. Er meinte damit solche Herren Hermann Stehr, Gustav Landauer, Paul Boldt und andere.

Und es begab sich, daß uns der Einfall kam, Franz Blei zu propagieren. Wir fanden das sehr witzig. Blei hatte immer propagiert. Warum sollte er nicht selbst einmal propagiert werden? Also spielte er die Uraufführung seiner »Welle« in den Münchener Kammerspielen. Leybold programmatelte. Seewald inszenierte. Ich zeichnete verantwortlich. Wir bewarben uns um eine Theater-Direktion in Dresden. Wir versuchten das Münchener Künstlertheater in unsere Hand zu bekommen (wohl wissend, daß das Theater der springende Punkt ist). Wir planten eine internationale Anthologie von Lyrik. »Teufel, Teufel«, sagte Leybold, setzte sich in die Eisenbahn und fuhr nach Kiel.

Wir entspannen einen heftigen Briefwechsel. Er warb um mich, vorsichtig und höflich, wie um eine obszöne Frau. Wir erkannten einander und setzten ein Psychofakt in die Welt, das wir Baley nannten und das den Zweck hatte, Posen, Gesten, Vexationen zu kultivieren. Arrogant zu sein wie — wie Einstein.

Ich befreundete mich mit Kandinsky und ging zum Expressionismus über. Er seinerseits empfahl mir Heinrich Manns »Professor Unrat« zur Lektüre. Ich schrieb ihm:

»Wir, Bruder, toben mit den grellen Bumerangs, Trompetenbäume schrillen in Cis-Moll.

Wir schnellen durch die Luft gleich Fetzen grünen Tangs,

Blutäugig fliegende Fische voller Haß und Groll.«

Ich suchte ihn von Heinrich Mann und seiner Begeisterung für die Sachlichkeit abzubringen.

In demselben Moment erklärte Kaiser Wilhelm, daß das mit den Franzosen und Russen so nicht weitergehen könne. Und Leybold schwenkte auch die Fahne und blies auch ins Hifthorn und machte auch den Krieg mit Frankreich. Mir persönlich ist ja der Krieg unsympathisch, denn es ist eine Rigorosität, daß Leute wie Pèguy erschossen werden. Aber man kann nichts machen. Denn der Krieg ist eine Notwendigkeit Gottes. Dazu kam, daß Leybold eine Sympathie hatte für Kanonenrohre, weil sie ihn mit Freudschen Theorien erfüllten.

Doch hiervon genug. Sie werden wissen wollen, was dieser geniale junge Mann positiv geleistet hat. Nun denn! Er starb auf dem Felde der Ehre (viele Russen sterben anderswo). Er hat eine Zeitschrift gegründet, die einen sehr bedeutungsvollen Namen hat. Er pöbelte gegen Otto Ernst, gegen die Epigonen des Turnvaters Jahn, gegen Roda Roda, Feistritz, Walter Kollo und viele andere. Was an sich nichts bedeutet. Aber er faßte diese Insekten in Kristall, putzte sie auf, hing ihnen Schellen und Lendenschürze um, so daß mit der Zeit eine recht niedliche Negertruppe daraus geworden wäre.

Sodann: Er tat furchtbar viele Frauen auf: bei ihm eine Form der Propagierung des öffentlichen Lebens. Glich sich dadurch Ulrich von Hutten an. Dichtete:

 

Unglaublich viele schöne Frauen gibt es in der Stadt,

Sie haben blaßgepuderte Wangen und ziegelrote Münder,

Sie sind teils kränklich, teils gesünder,

Manche quellen über, manche werden niemals satt.

 

Er fiel Athleten an, Kunstturner, Studenten, Cafétiers und stiftete auf diese Weise eine Art abgekürzter Polemik. Er hielt es für ganz unwichtig, Literatur zu machen, und für sehr schwer, ein deutscher Schriftsteller zu werden, weil das eine contradictio in adjecto sei.

Aber das alles half ihm nichts. Eines Tages, mitten im Krieg, stürzte er vom Pferd, vor der Stadt Namur, kam zurück nach Berlin, pflanzte einen Vollbart ins Café des Westens und begab sich in seine Garnison Itzehoe, von wo er depeschieren ließ, er sei mit dem Tode abgegangen.

Es ist unerhört und scheußlich, daß dieser junge Mann aus dem Kriege nur die physische Konsequenz ziehen mußte, während die geistige ihm versagt blieb. Er ging ein (literarisch gesprochen). Er verendete (literarisch gesprochen). Er starb in irgendeiner Ecke, ohne einen Laut, und ohne daß er noch jemand gesprochen hätte. Fürs Vaterland. Aber er wollte hinaus aus dem Vaterland. Immer. Nur hinaus aus dem Vaterland. Mangel an Vaterland war direkt ein Defekt bei ihm. So war er geartet.

Ich sehe ihn vor mir, unbändig lachend. »Menschenskind, eine Totenrede?« Schon klemmt er das Monokel ins Auge, gibt seinem Körper einen Ruck und sistiert die Vorstellung. Oder auf der Straße: Er trägt einen blauen Mantel, geht mit verkniffenen, breitgeschwungenen Augenbrauen nach dem Tempo einer Automobilhupe und spuckt. »Alter Bulle«, sage ich zu ihm, »wir werden noch manchen Kampf miteinander zu kämpfen haben.« »Woll, woll«, sagt er, im raschen Gehen auf der Straße, während der Mantel fliegt.

Widersprechen Sie nicht! Kaufen Sie seine nachgelassenen Glossen und Gedichte, die ich herausgeben werde. Er ist hin. Es muß ihm sehr schwer gefallen sein, wie ich ihn kenne. Aber es ist nichts zu machen. Gedenken Sie seiner! Haben Sie Mitleid! Seien Sie freundlich! Sie alle haben seinen Tod mitverschuldet. Alle, wie Sie auch hier unten sitzen. Möge Ihnen sein Name einfallen, wenn Sie Ihre Kinder säugen!

Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Hugo Ball: Totenrede für Hans Leybold (April 1915)
fleursdumal.nl magazine

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Foto’s Hans Hermans – Gedicht Hugo Ball

Hugo Ball

(1886-1927)

 

Das Insekt

 

Laßt uns den Gottesdienst des Insekts aufrichten!

Lasset uns einen Gott anbeten, der Augen hat, die wie Rubine stechen!

Der Flügel hat, voll hieratisch zuckender Aufregungen frühgotischer Fenster.

Und einen roten Leib.

 

Seine Beine sind lang wie die Lotfäden, die von den Schiffen herunterhängen

In die finsteren Meere. Sein Leib ist errichtet in der obszönen Gelenkigkeit

Der Seiltänzer, Akrobaten und Kabarettistinnen. Wenn ihn Wollust verkrampft,

Vermag er den eigenen Stachel zu lecken.

 

Ganz kleine Hände haben die Stammesgenossen. Sie wohnen in den nassen Fichten.

Wahnsinnig sind sie vor zuviel Empfindlichkeit. Sie zucken vor Schmerzen bei jedem Hauch.

Ihre Augen sind lebende Edelsteine. Doch es gibt Sekten und Priesterschaften,

Die starren nur stets apathisch vor sich hin.

 

Sie unternehmen viel donquichotische Feldzüge gegen den Himmel. Sie surren wie

Flugmaschinen.

Sie sind ein Geschlecht von Entdeckern und kennen die Tragikkomödien der Kühnheit.

Tagsüber sind sie verborgen in den Wäldern, die von den Zeltlagern der Spinnen

Und weißen Traghimmeln wundersam überdeckt sind.

 

Manche auch aus den Millionen des Volkes suchen die Gloriolen der Sonne auf:

Die kleinen Fatamorganen und Luftgebilde und Strahlenvorhöfe des Kopfgestirns.

Dort führen sie ein goldhymnisches Dasein mit Tanzen und Toben und stürzen

Kopfüber auf Gartentische herab und begatten sich wütend.

 

Andere steuern vorbei an Kirchtürmen, Fabrikschloten und Dämmerungen

Über die höllischen Städte und Brückenbögen und Eiffeltürme

Über die drohenden Dampfkräne der Hafenstädte, die Wolkenkratzer Newyorks

Nach unratbaren Zielen der Schwermut.

 

Sie haben Völker und Götter und Mythen untereinander. Althochheilige Bräuche

Und Philosophien. Sie sind Feueranbeter. Sie pflegen den Selbstmord.

Sie fliehen die Erde und deren Plumpheit. Sie sind nicht abzuhalten

Von ihrem Verderben.

 

Dreimal und viermal und zehnmal mit dem Furor der Besessnen und Todgeweihten

Stürzen sie sich in die Magie dieses Feuermeers, hochtrabend und gierig.

Bis sie vom Funken erfaßt aufknistern und prasseln und Schiffbruch leiden

Wie Segelschiffe mit brennendem Takelwerk.

 

Hans Hermans photos – Natuurdagboek 01-12

Gedicht Hugo Ball

Website Hans Hermans

kempis.nl poetry magazine

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Hugo Ball Gedichte


H u g o   B a l l

(1886-1927)

Seepferdchen und Flugfische
tressli bessli nebogen leila
flusch kata
ballubasch
zack hitti zopp

zack hitti zopp
hitti betzli betzli
prusch kata
ballubasch
fasch kitti bimm

zitti kitillabi billabi billabi
zikko di zakkobam
fisch kitti bisch

bumbalo bumbalo bumbalo bambo
zitti kitillabi
zack hitti zopp

treßli beßli nebogen grügü
blaulala violabimini bisch
violabimini bimini bimini
fusch kata
ballubasch
zick hiti zopp

Karawane
jolifanto bambla o falli bambla
großgiga m’pfa habla horem
egiga goramen
higo bloiko russula huju
hollaka hollala
anlogo bung
blago bung blago bung
bosso fataka
ü üü ü
schampa wulla wussa olobo
hej tatta gorem
eschige zunbada
wulubu ssubudu uluwu ssubudu
tumba ba-umf
kusa gauma
ba – umf

Gadji beri bimba
gadji beri bimba glandridi laula lonni cadori
gadjama gramma berida bimbala glandri galassassa laulitalomini
gadji berl bin blassa glassala laula lonni cadorsu sassala bim
gadjama tuffm i zimzalla binban gligla wowolimai bin beri ban
o katalominai rhinozerossola hopsamen laulitalomini hoooo
gadjama rhinozerossola hopsamen
bluku terullala blaulala loooo

zimzim urullala zimzim urullala zimzim zanzibar zimzalla zam
elifantolim brussala bulomen brussala bulomen tromtata
velo da bang bang affalo purzamai affalo purzamal lengado tor
gadjama bimbalo glandridi glassala zingtata pimpalo ögrögöööö
viola laxato viola zimbrabim viola uli paluji malooo

tuffm im zimbrabim negramai bumbalo negramai bumbalo tuffm i zim
gadjama bimbala oo beri gadjama gaga di gadjama affalo pinx
gaga di bumbalo bumbalo gadjamen
gaga di bling blong
gaga blung

 

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