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Paul Boldt
(1885-1921)
FRIEDRICHSTRASSENDIRNEN
Sie liegen immer in den Nebengassen,
Wie Fischerschuten gleich und gleich getakelt,
Vom Blick befühlt und kennerisch bemakelt,
Indes sie sich wie Schwäne schwimmen lassen.
Im Strom der Menge, auf des Fisches Route.
Ein Glatzkopf äugt, ein Rotaug’ spürt Tortur,
Da schießt ein Grünling vor, hängt an der Schnur,
Und schnellt an Deck einer bemalten Schute,
Gespannt von Wollust wie ein Projektil!
Die reißen sie aus ihm wie Eingeweide,
Gleich groben Küchenfrauen ohne viel
Von Sentiment. Dann rüsten sie schon wieder
Den neuen Fang. Sie schnallen sich in Seide
Und steigen ernst mit ihrem Lächeln nieder.
Paul Boldt poetry
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More in: Archive A-B, Boldt, Paul, Expressionism
Paul Boldt
(1885-1921)
DIE LIEBESFRAU
– Nackt. Ich bin es nicht gewohnt.
Du wirst so groß und so weiß,
Geliebte. Glitzernd wie Mond,
Wie der Mond im Mai.
Du bist zweibrüstig,
Behaart und muskelblank.
So hüftenrüstig
Und tänzerinnenschwank.
Gib dich her! Draußen fallen
Die Regen. Die Fenster sind leer,
Verbergen uns … – allen, allen! –
Wieviel wiegt dein Haar? Es ist sehr schwer.
– Wo sind deine Küsse? Meine Kehle ist gegallt,
Küsse du mich mit deinen Lippen!
– Frierst du? – – – Du bist so kalt
Und tot in deinen hellen Rippen.
ERWACHSENE MÄDCHEN
Wer weiß seit Fragonard noch, was es heiße,
Zwei stracke Beine haben in dem Kleide;
Roben gefüllt von Fleisch, als ob die Seide
In jeder Falte mit dem Körper kreiße.
Aus dem Korsage fahren eure Hüften
Wie Bügeleisen in den Stoff der Röcke,
Darauf wie Bienen auf die Bienenstöcke
Unsere Blicke kriechen aus den Lüften.
Ihr jugendlichen Sonnen! Fleischern Licht!
Wir haben den Ehrgeiz der Allegorien
Und hübschen Dinge im Gedicht.
Ich will mit eurer Bettwärme Blumen ziehn!
Und einen kleinen Mond aus dem Urin,
Der sternenhell aus eurem Blute bricht!
DIE SCHLAFENDE ERNA
Auf einer Ottomane aus Mohär
Liegt sie in Seidenröcken, eine Truhe
Voll Nacktheit, und ich denke voll Unruhe
An dein Geheimstes – schönes Sekretär.
Die Frauen tuen Wundervolles in die Seide.
Am Knie beginnt es. Ich will es auspellen,
Wenn Küsse summen nach hautsüßen Stellen
Im Bett, daß wir nicht schlafen können beide.
Du großes Mädchen, die noch kleinen Brüste
Schmücken dich mir. Auf den geheimen Schmuck
Hast du die linke weiße Hand gelegt;
Ich dachte: Soll die eine, die sie trägt –
Die schwarze Blume welken von dem Druck?
Und nahm die Hand weg, die ich leise küßte.
SINNLICHKEIT
Unter dem Monde liegt des Parks Skelett.
Der Wind schweigt weit. Doch wenn wir Schritte tun,
Beschwatzt der Schnee an deinen Stöckelschuhn
Der winterlichen Sterne Menuett.
Und wir entkleiden uns, seufzend vor Lust,
Und leuchten auf; du stehst mit hübschen Hüften
Und hellen Knien im Schnee, dem sehr verblüfften,
Wie eine schöne Bäuerin robust.
Wir wittern und die Tiere imitierend
Fliehn wir in den Alleen mit frischen Schrein.
Um deine Flanken steigt der Schnee moussierend.
Mein Blut ist fröhlicher als Feuerschein!
So rennen wir exzentrisches Ballett
Zum Pavillon hin durch die Türe ins Bett.
Paul Boldt poetry
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More in: Archive A-B, Boldt, Paul, Expressionism
Paul Boldt
(1885-1921)
DIE DIRNE
Die Zähne standen unbeteiligt, kühl
Gleich Fischen an den heißen Sommertagen.
Sie hatte sie in sein Gesicht geschlagen
Und trank es – trank – entschlossen dies Gefühl
In sich zu halten, denn sie ward ein wenig
Wie früher Mädchen und erlitt Verführung;
Er aber spürte bloß Berührung,
Den Mund wie einen Muskel, mager, sehnig.
Und sollte glauben an ihr Offenbaren,
Und sah, wie sie dann dastand – spiegelnackt –
Das Falsche, das Frisierte an den Haaren;
Und unwillig auf ihren schlechten Akt
Schlug er das Licht aus, legte sich zu ihr,
Mischend im Blut Entsetzen mit der Gier.
Paul Boldt poetry
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More in: Archive A-B, Boldt, Paul, Expressionism
A u g u s t S t r a m m
(1874-1915)
Dämmerung
Hell weckt Dunkel
Dunkel wehrt Schein
Der Raum zersprengt die Räume
Fetzen ertrinken in Einsamkeit!
Die Seele tanzt
Und
Schwingt und schwingt
Und
Bebt im Raum
Du!
Meine Glieder suchen sich
Meine Glieder kosen sich
Meine Glieder
Schwingen sinken sinken ertrinken
In
Unermeßlichkeit
Du!
Hell wehrt Dunkel
Dunkel frißt Schein!
Der Raum ertrinkt in Einsamkeit
Die Seele
Strudelt
Sträubet
Halt!
Meine Glieder
Wirbeln
In
Unermeßlichkeit
Du!
Hell ist Schein!
Einsamkeit schlürft!
Unermeßlichkeit strömt
Zerreißt
Mich
In
Du!
Du!
August Stramm poetry
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More in: Archive S-T, Expressionism, Stramm, August
Christian Morgenstern
(1871-1914)
Wolkenspiele
I
Eine große schwarze Katze
schleicht über den Himmel.
Zuweilen
krümmt sie sich zornig auf.
Dann wieder
streckt sie sich lang,
lauernd,
sprungharrend.
Ob ihr die Sonne wohl,
die fern im West
langsam sich fortstiehlt,
ein bunter Vogel dünkt?
Ein purpurner Kolibri,
oder gar
ein schimmernder Papagei?
Lüstern dehnt sie sich
lang und länger,
und Phosphorgeleucht
zuckt breit
über das dunkle Fell
der gierzitternden Katze.
II
Es ist, als hätte die Köchin
des großen Pan
– und warum sollte der große Pan
keine Köchin haben?
Eine Leibnymphe,
die ihm in Kratern
und Gletschertöpfen
köstliche Bissen brät
und ihm des Winters
Geysir-Pünsche
sorglich kredenzt? –
Als hätte diese Köchin
eine Schüssel mit Rotkohl
an die Messingwand
des Abendhimmels geschleudert.
Vielleicht im Zorn,
weil ihn der große Pan
nicht essen wollte . . .
III
Wäsche ist heute wohl,
große Wäsche,
droben im Himmelreich.
Denn seht nur, seht!
wie viele Hemdlein,
Höslein, Röcklein,
und zierliche Strümpflein
die gute Schaffnerin
über die blaue Himmelswiese
zum Trocknen breitet.
Die kleinen Nixen,
Gnomen, Elben,
Engelchen, Teufelchen,
oder wie sie ihr Vater nennt,
liegen wohl alle nun
in ihren Bettchen,
bis ans Kinn
die Decken gezogen,
und sehnlich lugend,
ob denn die Alte
ihren einzigen Staat,
ihre weißen Kleidchen,
nicht bald
ihnen wiederbringe.
Die aber legt
ernst und bedächtig
ein Stück nach dem andern
noch auf den Rasen.
IV
Wie sie Ballet tanzen,
die losen Panstöchter!
Sie machen Phoebus
den Abschied schwer,
daß er den Trab seiner Hengste
zum Schritt verzögert.
Schmiegsam, wiegsam
werfen und wiegen
die rosigen Schleier sie
zierlich sich zu,
schürzen sie hoch empor,
neigen sie tief hinab,
drehn sich die wehende
Seide ums Haupt.
Und Phoebus Apollo!
Bezaubert vergißt er
des heiligen Amts,
springt vom Gefährt
und treibt das Gespann,
den Rest der Reise
allein zu vollenden.
Er selber,
gehüllt in den grauen Mantel
der Dämmrung,
eilt voll Sehnsucht
zurück zu den
lieblichen, lockenden
Tänzerinnen.
Zügellos rasen
die Rosse von dannen.
Der Gott erschrickt:
Dort entschwindet
sein Wagen,
und hier –
haben die schelmischen
Töchter des Pan
sich in waschende Mägde
verwandelt.
Durch riesige Tröge
ziehen sie weiße,
dampfende Linnen
und hängen sie rings
auf Felsen und Bäumen
zum Trockenen auf
und legen sie weit
gleich einem Schutzwall
auf Wiesen und Felder.
Ratlos steht
der gefoppte Gott.
Und leise kichern
die Blätter im Winde.
V
Düstere Wolke,
die du, ein Riesenfalter,
um der abendrotglühenden Berge
starrende Tannen
wie um die Staubfäden
blutiger Lilien schwebst:
Dein Dunkel redet
vom Leid der Welt.
Welchen Tales Tränen
hast du gesogen?
Wie viel angstvoller Seufzer
heißen Hauch
trankst du in dich?
Düstere Wolke,
wohin
schüttest die Zähren
du wieder aus?
Schütte sie doch
hinaus in die Ewigkeit!
Denn wenn sie wieder
zur Erde fallen,
zeugen sie neue
aus ihrem Samen.
Nie dann
bleiben der Sterblichen
Augen trocken.
Ach! da wirfst du sie schon
in den Abgrund . . .
Arme Erde,
immer wieder aufs Neue
getauft
in den eigenen Tränen!
VI
Oh, oh!
Zürnender Gott,
schlage doch nicht
Deine himmlische Harfe
ganz in Stücke!
Dumpfe Donnerakkorde
reißt
herrisch
Dein Plektron.
Zick, zack
schnellen
die springenden Saiten
mit singendem Sausen
silbergrell
über die Himmel hin.
Holst Du auch manche
der Flüchtlinge
wieder zurück,
viele fallen doch
gleißend zur Erde nieder,
ragenden Riesen des Tanns
um den stöhnenden Leib
sich wirbelnd,
oder in zischender Flut
sich für ewig
ein Grab erkiesend.
Zürnender Gott!
Wie lange:
Da hast Du Dein Saitenspiel
kläglich zerbrochen,
und kein Sterblicher
denkt mehr Deiner,
des grollenden Rhapsoden
Zeus-Odhin-Jehovah.
Christian Morgenstern poetry
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More in: Archive M-N, Christian Morgenstern, Expressionism, Morgenstern, Christian
August Stramm
(1874-1915)
Krieg
Wehe wühlt
Harren starrt entsetzt
Kreißen schüttert
Bären spannt die Glieder
Die Stunde blutet
Frage hebt das Auge
Die Zeit gebärt
Erschöpfung
Jüngt
Der
Tod.
Krieggrab
Stäbe flehen kreuze Arme
Schrift zagt blasses Unbekannt
Blumen frechen
Staube schüchtern.
Flimmer
Tränet
Glast
Vergessen.
Gefallen
Der Himmel flaumt das Auge
Die Erde krallt die Hand
Die Lüfte sumsen
Weinen
Und
Schnüren
Frauenklage
Durch
Das strähne Haar.
August Stramm poetry
fleursdumal.nl magazine
More in: *War Poetry Archive, Expressionism, Stramm, August
Avant-gardes ’20-’60
Hoogtepunten uit de collectie van
het Stedelijk Museum te zien in het
Van Gogh Museum
26 juni t/m 23 augustus 2009
In de aanloop naar de heropening in het voorjaar van 2010 is het Stedelijk Museum van 26 juni tot en met 23 augustus 2009 opnieuw te gast in het Van Gogh Museum. De expositie Avant-gardes ‘20 / ‘60 toont hoogtepunten uit de collectie van het Stedelijk Museum uit de jaren ‘20 en de jaren ‘60 van de vorige eeuw: roerige decennia met veel verschuivingen, ook in de kunst. Deze jaren werden gekenmerkt door een grote experimenteerdrift binnen de beeldende kunst. Kunstenaars maakten grensverleggend werk, met nieuwe middelen. Zij beschouwden zich als de voorlopers en vernieuwers, of letterlijk als de ‘avant-garde’ van de beeldende kunst en van de maatschappij. Circa 70 belangrijke werken van onder meer Pablo Picasso, Piet Mondriaan, Kazimir Malevich, Luciano Fontana, Yves Klein, Roy Lichtenstein en Andy Warhol zijn te zien in de tentoonstellingsvleugel van het Van Gogh Museum.
Gerrit Rietveld: Roodblauwe stoel, 1918- 1923
Stedelijk Museum Amsterdam
Avant-gardes ‘20
In de jaren ‘20 speelde de avant-garde zich nog vrijwel exclusief in Europa af. Picasso, Mondriaan, Van Doesburg, Schwitters en Malevich behoren tot de belangrijkste vertegenwoordigers van de avant-garde van die tijd. Parijs bleef het centrum van de vernieuwingen dat het al sinds lang was, met onder meer het late kubisme van Picasso en het surrealisme van bijvoorbeeld Max Ernst. In West-Europa speelde Nederland een rol, waar in plaatsen als Leiden en Utrecht De Stijl bloeide. Maar ook in steden als Berlijn, Dessau en Hannover bestond met onder meer Dada en het Bauhaus een radicaal nieuw kunstbegrip. Veel verder naar het oosten, in Moskou en Leningrad, ontstonden revolutionaire stromingen die als Russisch constructivisme bekend staan.
Theo van Doesburg: Affiche Kleine Dadasoirée, 1922
Stedelijk Museum Amsterdam
Avant-gardes ‘60
Veertig jaar later vonden belangrijke ontwikkelingen binnen de avant-garde juist ook in Amerika plaats, met name in New York en Los Angeles. In het land van de onbegrensde mogelijkheden ontstonden stromingen als pop art, minimal art en post-minimal art, met kunstenaars als Andy Warhol, Carl Andre en Robert Morris. In West-Europa bleef Parijs belangrijk, met vertegenwoordigers van het nouveau réalisme, en kwam het zakelijke vormgebruik van kunstenaarsgroepen Zero en Nul naar voren in Duitsland en Nederland. Steden waaronder Düsseldorf, Keulen en Amsterdam speelden hierin een belangrijke rol.
De rol van het Stedelijk Museum – Amsterdam vervulde na de Tweede Wereldoorlog een brugfunctie: veel Amerikaanse kunstenaars realiseerden hier hun eerste museale presentaties en wisten zo voet aan de grond in West-Europa te krijgen. Het Stedelijk Museum speelde daarbij veelal een verbindende rol en slaagde erin een toonaangevende collectie op te bouwen. Het merendeel van de getoonde werken was tot 5 jaar geleden dan ook vaak te zien in de vaste opstelling van het Stedelijk Museum.
Naar het nieuwe Stedelijk Museum – Het Stedelijk Museum wordt op dit moment gerenoveerd en uitgebreid met spectaculaire nieuwbouw van Benthem Crouwel Architekten. De heropening van het Stedelijk Museum staat gepland voor maart/april 2010. Tot die tijd beweegt het door Amsterdam met projecten en tentoonstellingen, onder de noemer Stedelijk in de Stad.
Kazimir Malevich: Suprematist painting (Rood kruis op zwarte cirkel), 1921-1927
Stedelijk Museum Amsterdam
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More in: Andy Warhol, Bauhaus, Bauhaus, Constructivism, Constuctivisme, Dada, Dadaïsme, De Ploeg, De Stijl, Exhibition Archive, Expressionism, Futurism, Futurisme, Gerrit Rietveld, Kubisme, Modernisme, Piet Mondriaan, Surrealism, Surrealisme, Theo van Doesburg, Vincent van Gogh, Yves Klein, ZERO art
Alfred Lichtenstein
(1889-1914)
Die Nacht
Verträumte Polizisten watscheln bei Laternen.
Zerbrochne Bettler meckern, wenn sie Leute ahnen.
An manchen Ecken stottern starke Straßenbahnen,
Und sanfte Autodroschken fallen zu den Sternen.
Um harte Häuser humpeln Huren hin und wieder,
Die melancholisch ihren reifen Hintern schwingen.
Viel Himmel liegt zertrümmert auf den herben Dingen …
Wehleidge Kater schreien schmerzhaft helle Lieder. [?
Ein Generalleutnant singt
Ich bin der Herr Divisionskommandeur,
Seine Exzellenz.
Ich habe erreicht, was menschenmöglich ist.
Een schönes Bewustsein.
Vor mir beugen das Knie
Hauptleute und Regimentschefs,
Und meine Herren Generäle
Horchen auf meinen Befehl.
Wenn Gott will, beherrsche ich nächstens
Ein ganzes Armeekorps, nächstens.
Frauen, Theater, Musik
Interessieren mich wenig.
Was ist das alles gegen
Parademärsche, Gefechte.
Wäre doch endlich ein Krieg
Mit blutigen, brüllende Winden.
Das gewöhnliche Leben
Hat für mich keine Reize.
Abschied
Wohl war ganz schön, ein Jahr Soldat zu sein.
Doch schöner ist, sich wieder frei zu fühlen.
Es gab genug Verkommenheit und Pein
In diesen unbarmherzgen Menschenmühlen.
Sergeanten, Bretterwände, lebet wohl.
Lebt wohl, Kantinen, Marschkolonnenlieder.
Leichtherzig las zich Stadt und Kapitol.
Der Kuno geht, der Kuno kommt nicht wieder.
Nun, Schicksal, treib mich, wohin der gefällt.
Ich zerre nicht an meiner Zukünft Hüllen.
Ich hebe meine Augen in die Weit.
Ein Wind fängt an. Lokomotiven brüllen.
Abschied
(kurz vor der Abfahrt zum Kriegsschauplatz).
Vorm Sterben mache ich noch mein Gedicht.
Still Kameraden, stört mich nicht.
Wir ziehn zum Krieg. Der Tod ist unser Kitt.
Oh; heult mir doch die Geliebte nit.-
Was liegt an mir. Ich gehe gerne ein.
Die Mutter weint. Man musz aus Eisen sein.
Die Sonne fällt zum Horizont hinab.
Bald wirft man mich ins milde Massengrab.
Am Himmel brennt das brave Abendrot
Vielleicht bin ich in dreizehn Tagen tot.
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More in: *War Poetry Archive, Archive K-L, Expressionism, Lichtenstein, Alfred
C h r i s t i a n M o r g e n s t e r n
(1871-1914)
(an einige)
Ihr kennt den Trost, der enttrübt,
die fern den Schranken:–
Werden draußen Taten geübt,
entsenden sie–Gedanken.
(an manche)
Ihr kennt es, das harte Leid,
heißt es entsagen,
mitzuwirken im Sturm der Zeit
zu neuem Gottestagen.
(an viele)
Ihr kennt sie, die Leidenschaft,
die uns verbindet:
Helfen, helfen, mit einer Kraft,
die alles überwindet.
Der Kranke
Oft zu sterben wünscht ich mir …
Und wie dankbar bin ich doch,
daß ich leb und leide noch
im gesetzten Nun und Hier.
Bleibt mir doch damit noch Zeit,
abzubauen manch Gebrest,
komm ich nimmer auch zum Rest,
werd ich besser doch bereit.
Wenn ich jetzt nichtwirken kann,
helf ich also doch dem Mir,
das dereinst nach Nun und Hier
wirken wird im Dort und Dann.’
Du hast die Hand schon am Portal
Du hast die Hand schon am Portal
und tastest nach der Klinke Hand
(denn noch erhellt sie dir kein Strahl).
Du wirst erst wach, wenn sie sie fand,
sei’s dieses, sei’s das nächste Mal;–
dann wirst du weiß stehn wie die Wand,
davor du lange dumpf geirrt;
und wie ein Leichnam hinfällt, wird
dein Leib hinfallen in den Sand.
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More in: *Concrete + Visual Poetry K-O, Archive M-N, Christian Morgenstern, Expressionism, Morgenstern, Christian, Visual & Concrete Poetry
August Stramm (1874-1915)
Im Feuer
Tode schlurren
Sterben rattert
Einsam
Mauert
Welttiefhohe
Einsamkeiten.
Wunde
Die Erde blutet unterm Helmkopf
Sterne fallen
Der Weltraum tastet.
Schauder brausen
Wirbeln
Einsamkeiten.
Nebel
Weinen
Ferne
Deinen Blick.
AUGUST STRAMM:
DIE MENSCHHEIT
Tränen kreist der Raum!
Tränen Tränen
Dunkle Tränen
Goldne Tränen
Lichte Tränen
Wellen krieseln
Glasten stumpfen
Tränen Tränen
Tränen
Funken
Springen auf und quirlen
Quirlen quirlen
Wirbeln glitzen
Wirbeln sinken
Wirbeln springen
Zeugen
Neu und neu und neu
Vertausendfacht
Zermilliont
Im Licht!
Tränen Tränen
Tränen Funken
Augen schimmern
Augen Augen
Nebeln schweben
Tauchen blinzeln
Saugen
Schwere schwere
Blinde
Tief
Hinunter
In die Nächte
Reißen
Schaun!
Schatten dampfen
Weiche blasse
Fließen fließen
Wallen wogen
Hart und härter
Runden Formen
Ungetüme
Ungestüme
Ungefüge
Leiber
Leiber
Walzen wälzen
Stalten sondern
Einen fliehen
Zeugen schwellen
Tummeln starren
Fliegen stürzen
Stürzen stürzen
Stürzen stürzen
In
Den
Schrei!
Mäuler
Gähnen
Gähnen klappen
Klappen schnappen
Schnappen
Laute
Laute Laute
Schüttern Ohren
Horchen Horchen
Schärfen Horchen
Schwingen Schreie
Töne Töne
Rufe Rufe
Klappen Klarren
Klirren Klingen
Surren Summen
Brummen Schnurren
Gurren Gnurren
Gurgeln Grurgeln
Pstn Pstn
Hsstn Hsstn
Rurren Rurren
Rurren Rurren
Sammeln Sammeln
Sammeln Stammeln
Worte Worte Worte
Wort
Das Wort!
Worte Worte
Worte Worte
Binden
Schauen
Fühlen
Tasten
Bauen
Worte Worte Worte
Sinnen
Schrecken Grausen Furcht
Bringen
Hilfe Stütze Nahrung
Schlingen
Bänder Fesseln Ketten
Schüttern
Freuen Fluchen Weh
Bilden
Bilder
Bilder Formen
Wecken nähren
Nähren mehren
Stützen gängeln
Lehren
Stehen
Lehren lehren
Aufrecht stehn
Den
Menschengeist!
Taumeln Taumeln
Irren Wirren
Wippeln Kanten
Fallen Heben
Tappen Halten
Zagen Leben
Gehen
Vorwärts rückwärts
Seitwärts seitwärts
Aufwärts
Abwärts
Tasten Schwanken
In das Dunkel
Bauet
Krücken
Krücken Krücken
Brücken Brücken
Wahne Wahne
Wahne Tiefen
Wahne Höhen
Wahne Schrecken
Wahne Hoffen
Wahne Strafen
Wahne Löhne
Aus
Dem
Eigenen
Blute Blute
Stückt den Raum
In
Wahne Wahne
Reißet aus dem Raum
Das
Ich!
Reißt aus Ich
Das
Um ihn Um ihn
Reißt
Das
Um ihn Um ihn
Reißt
Sich
Selber Selber Selber
Reißt
Die Formen
Reckt
Die Formen
Reckt
Das
Um ihn
Reckt
Das
Um sich
Reckt
Sich
Selber Selber Selber
Reckt
Die
Hand!
Hände
Kampfen
Krampfen kämpfen
Bluten Beten
Holen Leben
Schmettern würgen
Morden morden
Streicheln schmeicheln
Rächen rächen
Hüten wehren
Treiben stoßen
Jagen
Füße
Über
Felder
Felder Felder
Wüsten Wälder
Spreiten Schenkel
Schmettern Hirne
Stopfen Mäuler
Sticken Worte
Würgen Leiber
Trümmern Formen
Wehren Schatten
Pressen Tränen
Tränen Tränen
Schwarze Tränen
Tränen Tränen
Blutige Tränen
Tränen Tränen
Greuel Greuel
Unerhörte Greuel
Ziehen
Ziehen wachsen
Wachsen deihen
Reifen reifen
Reifen Früchte
Stählen Kräfte
Spannen
Zeit
Spannen
Zeit
Spannen
Zeit
Spannen Zeit
Die wesensbare
Spannen Zeit
Die grauenbäre
Spannen Zeit
Die fassenstrotze
Spannen Zeit
In
Feste Schirre
Ungeheure
Winzge
Schirre
Knechten Zeit
In
Starre Masse
Knechten Zeit
Um
Sterne Sterne
Knechten
Sterne
Aus dem Raume
Sterne Sterne
Sterne Sterne
Krammen Sterne
In
Die Arme
Sterne Welten
Welten
Und
Umpranken
Ihr
Geheimnis
Ihr Geheimnis
Ihr Geheimnis
Grauenrund
Und
Richtespurvag
Raum und Raum
Und
Raum und Raum
Raum und Raum
Ringsum um um
Höhe Tiefe
Länge Breite
Raum
Nur Raum
Nur Raum nur Raum
Schwingen Rasen
Rasen Schwingen
Um
Im Raum
Im Raum
Im Raume
Klammern Krallen
Feste fester
Zittern Beben
Klammern Krallen
Aneinander
Durcheinander
Oben unten
Unten oben
Raum und Schwingen
Raum und Wirbeln
Schwingen Prellen
Prellen Schleudern
Klammern Klammern
Klammern Klammern
Menschen Menschen
Menschen Menschen
Über
Menschen
Knochen Knochen
Über
Knochen
Beine Beine
Köpfe Köpfe
Hände Hände
Hirne Hirne
Herzen Herzen
Leiber Leiber
Dicht gedrängt
Gehäuft gemasset
Wirr verschlungen
Hinter Zeichen
Fahnen Fahnen
Trommeln brechend
Fluchend betend
Mordend sengend
Heilend lindernd
Tröstend löschend
Mütter Kinder
Väter Gatten
Freunde Fremde
Feinde Brüder
Schwestern Huren
Bräute Krieger
Mörder Beter
Fallen fallen
Schlichten Wege
Fallen fallen
Schütten Wege
Fallen fallen
Wege Wege
Wegeschotter
Wege Wege
Neue Wege
Wege
Wege
Durch das Elend
Durch das Grausen
Durch das Leiden
Durch den Atem
Voll von Keimen
Durch den Atem
Voll von Toden
Durch den Atem
Voll von Leben
Durch die Tränen
Tränen Tränen
Durch
Die
Nächte Nächte
Nächte
Voran Voran
Horch die Zeichen
Voran Voran
Schauer Zucken
Voran Voran
Schrei und Täuben
Voran Voran
In die Gähne
Voran Voran
In die Leere
Voran Voran
In die Wiege
Voran Voran
In die Gruft
Kreis im Kreise
Kreis im Kreise
Voran Voran
In den Anfang
Voran Voran
In das Ende
Voran Voran
In den Abgrund
Voran Voran
In die Höhe
Voran Voran
In das Sterben
Voran Voran
In das Werden
Kreis im Kreise
In das Werden
Kreis im Kreise
In das Werden
In
Das
Werden Werden Werden
In
Das
Kreisen Kreisen Kreisen
In
Die
Tränen Tränen Tränen
In die
Tränen
In den Raum
In den Raum
In den Raum!
Tränen kreist der Raum!
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More in: *War Poetry Archive, Expressionism, Stramm, August
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