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Der Rabe Ralf
Der Rabe Ralf
will will hu hu
dem niemand half
still still du du
half sich allein
am Rabenstein
will will still still
hu hu
Die Nebelfrau
will will hu hu
nimmt’s nicht genau
still still du du
sie sagt nimm nimm
‘s ist nicht so schlimm
will will still still
hu hu
Doch als ein Jahr
will will hu hu
vergangen war
still still du du
da lag im Rot
der Rabe tot ,
will will still still
du du
Christian Morgenstern
(1871-1914)
Der Rabe Ralf
• fleursdumal.nl magazine
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An eine Landschaft
Verliere dein Geheimnis nicht vor mir,
Ich bitte dich, verbirg mir deine Reize,
Und wenn ich sehnlich nach Erkenntnis geize,
So schweige sphinxhaft meiner Wissbegier.
Erkennen heisst, ich hab’ es längst erkannt,
Die Welt in seine armen Grenzen pferchen;
Du lehre mich aus deinen hundert Lerchen,
Dass deine Schönheit kein Verstand umspannt.
Christian Morgenstern
(1871-1914)
Hans Hermans photos – Natuurdagboek 02-12
Gedicht Christian Morgenstern
fleursdumal.nl magazine
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Traumwald
Des Vogels Aug verschleiert sich;
er sinkt in Schlaf auf seinem Baum.
Der Wald verwandelt sich in Traum
und wird so tief und feierlich.
Der Mond, der stille, steigt empor:
Die kleine Kehle zwitschert matt.
Im ganzen Walde schwingt kein Blatt.
Fern läutet, fern, der Sterne Chor.
Christian Morgenstern
(1871-1914)
Hans Hermans Natuurdagboek
Poem Christian Morgenstern
Photos Hans Hermans
March 2011
fleursdumal.nl magazine
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Christian Morgenstern
(1871-1914)
Der zertrümmerte Spiegel
Am Himmel steht ein Spiegel, riesengroß.
Ein Wunderland, im klarsten Sonnenlichte,
entwächst berückend dem kristallnen Schoß.
Um bunter Tempel marmorne Gedichte
ergrünt geheimnisvoller Haine Kranz;
der Seen Silber dunkle Kähne spalten,
und wallender Gewänder heller Glanz
verrät dem Auge wandelnde Gestalten.
Wohl kenn ich dich, du seliges Gefild! . .
Doch was in heitrer Ruh erglänzt dort oben,
ist mehr als dein getreues Spiegelbild,
ist Irdisches zu Göttlichem erhoben.
Du zeigst ein friedsam wolkenloses Glück,
um das umsonst die Staubgebornen werben . . .
Und doch! Auch du bist nur ein Schemenstück!
Ein Hauch -: Du schläfst im Grund in tausend Scherben.
Ein Hauch! . . Von düstren Wolken löst ein Flug
sich von der Felskluft Schautribünenstufen.
Um meinen Gipfel streift ihr dumpfer Zug,
als hätte sie mein fürchtend Herz gerufen.
Hinunter weist beschwörend meine Hand,
indes mein Aug nach oben bittet «Bleibe!»
Umsonst! Ein Stoß zermalmt des Spiegels Rand,
und donnernd bäumt sich die gewaltige Scheibe
und stürzt, von tausend Sprüngen überzackt,
mit fürchterlichem Tosen in die Tiefen.
Der Abgrund schreit, von wildem Graun gepackt.
Blutüberströmt die Wolken talwärts triefen.
Fahlgrüner Splitterregen spritzt umher,
den Leib der Nacht zerschneidend und zerfleischend.
Mordbrüllend wühlt der Sturm im Nebelmeer
und heult in jede Höhle, wollustkreischend.
Der Berge Adern schwellen, brechen auf
und schäumen graue Fülle ins Geklüfte.
Ihr Flutsturz reißt verstreuter Scherben Hauf
unhemmbar mit in finstre Waldnachtgrüfte.
Es wogt der Forsten nasses Kronenhaar,
durchblendet von demantnem Pfeilgewimmel . .
Doch um die Höhen wird es langsam klar,
durch Tränen lächelt der beraubte Himmel.
Und bald verblitzt der letzten Scherbe Schein,
zum Grund gefegt vom Sturm- und Wellentanze.
Nur feiner Glasstaub deckt noch Baum und Stein
und funkelt tausendfach im Sonnenglanze . . .
Ich schau, ich sinne, hab der Zeit nicht acht -:
Den Tag verscheuchte längst der Schattenriese.
Und aus der Tiefe predigen durch die Nacht
die Fälle vom versunknen Paradiese.
Christian Morgenstern poetry
kempis poetry magazine
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Christian Morgenstern
(1871-1914)
Wolkenspiele
I
Eine große schwarze Katze
schleicht über den Himmel.
Zuweilen
krümmt sie sich zornig auf.
Dann wieder
streckt sie sich lang,
lauernd,
sprungharrend.
Ob ihr die Sonne wohl,
die fern im West
langsam sich fortstiehlt,
ein bunter Vogel dünkt?
Ein purpurner Kolibri,
oder gar
ein schimmernder Papagei?
Lüstern dehnt sie sich
lang und länger,
und Phosphorgeleucht
zuckt breit
über das dunkle Fell
der gierzitternden Katze.
II
Es ist, als hätte die Köchin
des großen Pan
– und warum sollte der große Pan
keine Köchin haben?
Eine Leibnymphe,
die ihm in Kratern
und Gletschertöpfen
köstliche Bissen brät
und ihm des Winters
Geysir-Pünsche
sorglich kredenzt? –
Als hätte diese Köchin
eine Schüssel mit Rotkohl
an die Messingwand
des Abendhimmels geschleudert.
Vielleicht im Zorn,
weil ihn der große Pan
nicht essen wollte . . .
III
Wäsche ist heute wohl,
große Wäsche,
droben im Himmelreich.
Denn seht nur, seht!
wie viele Hemdlein,
Höslein, Röcklein,
und zierliche Strümpflein
die gute Schaffnerin
über die blaue Himmelswiese
zum Trocknen breitet.
Die kleinen Nixen,
Gnomen, Elben,
Engelchen, Teufelchen,
oder wie sie ihr Vater nennt,
liegen wohl alle nun
in ihren Bettchen,
bis ans Kinn
die Decken gezogen,
und sehnlich lugend,
ob denn die Alte
ihren einzigen Staat,
ihre weißen Kleidchen,
nicht bald
ihnen wiederbringe.
Die aber legt
ernst und bedächtig
ein Stück nach dem andern
noch auf den Rasen.
IV
Wie sie Ballet tanzen,
die losen Panstöchter!
Sie machen Phoebus
den Abschied schwer,
daß er den Trab seiner Hengste
zum Schritt verzögert.
Schmiegsam, wiegsam
werfen und wiegen
die rosigen Schleier sie
zierlich sich zu,
schürzen sie hoch empor,
neigen sie tief hinab,
drehn sich die wehende
Seide ums Haupt.
Und Phoebus Apollo!
Bezaubert vergißt er
des heiligen Amts,
springt vom Gefährt
und treibt das Gespann,
den Rest der Reise
allein zu vollenden.
Er selber,
gehüllt in den grauen Mantel
der Dämmrung,
eilt voll Sehnsucht
zurück zu den
lieblichen, lockenden
Tänzerinnen.
Zügellos rasen
die Rosse von dannen.
Der Gott erschrickt:
Dort entschwindet
sein Wagen,
und hier –
haben die schelmischen
Töchter des Pan
sich in waschende Mägde
verwandelt.
Durch riesige Tröge
ziehen sie weiße,
dampfende Linnen
und hängen sie rings
auf Felsen und Bäumen
zum Trockenen auf
und legen sie weit
gleich einem Schutzwall
auf Wiesen und Felder.
Ratlos steht
der gefoppte Gott.
Und leise kichern
die Blätter im Winde.
V
Düstere Wolke,
die du, ein Riesenfalter,
um der abendrotglühenden Berge
starrende Tannen
wie um die Staubfäden
blutiger Lilien schwebst:
Dein Dunkel redet
vom Leid der Welt.
Welchen Tales Tränen
hast du gesogen?
Wie viel angstvoller Seufzer
heißen Hauch
trankst du in dich?
Düstere Wolke,
wohin
schüttest die Zähren
du wieder aus?
Schütte sie doch
hinaus in die Ewigkeit!
Denn wenn sie wieder
zur Erde fallen,
zeugen sie neue
aus ihrem Samen.
Nie dann
bleiben der Sterblichen
Augen trocken.
Ach! da wirfst du sie schon
in den Abgrund . . .
Arme Erde,
immer wieder aufs Neue
getauft
in den eigenen Tränen!
VI
Oh, oh!
Zürnender Gott,
schlage doch nicht
Deine himmlische Harfe
ganz in Stücke!
Dumpfe Donnerakkorde
reißt
herrisch
Dein Plektron.
Zick, zack
schnellen
die springenden Saiten
mit singendem Sausen
silbergrell
über die Himmel hin.
Holst Du auch manche
der Flüchtlinge
wieder zurück,
viele fallen doch
gleißend zur Erde nieder,
ragenden Riesen des Tanns
um den stöhnenden Leib
sich wirbelnd,
oder in zischender Flut
sich für ewig
ein Grab erkiesend.
Zürnender Gott!
Wie lange:
Da hast Du Dein Saitenspiel
kläglich zerbrochen,
und kein Sterblicher
denkt mehr Deiner,
des grollenden Rhapsoden
Zeus-Odhin-Jehovah.
Christian Morgenstern poetry
fleursdumal.nl magazine
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C h r i s t i a n M o r g e n s t e r n
(1871-1914)
(an einige)
Ihr kennt den Trost, der enttrübt,
die fern den Schranken:–
Werden draußen Taten geübt,
entsenden sie–Gedanken.
(an manche)
Ihr kennt es, das harte Leid,
heißt es entsagen,
mitzuwirken im Sturm der Zeit
zu neuem Gottestagen.
(an viele)
Ihr kennt sie, die Leidenschaft,
die uns verbindet:
Helfen, helfen, mit einer Kraft,
die alles überwindet.
Der Kranke
Oft zu sterben wünscht ich mir …
Und wie dankbar bin ich doch,
daß ich leb und leide noch
im gesetzten Nun und Hier.
Bleibt mir doch damit noch Zeit,
abzubauen manch Gebrest,
komm ich nimmer auch zum Rest,
werd ich besser doch bereit.
Wenn ich jetzt nichtwirken kann,
helf ich also doch dem Mir,
das dereinst nach Nun und Hier
wirken wird im Dort und Dann.’
Du hast die Hand schon am Portal
Du hast die Hand schon am Portal
und tastest nach der Klinke Hand
(denn noch erhellt sie dir kein Strahl).
Du wirst erst wach, wenn sie sie fand,
sei’s dieses, sei’s das nächste Mal;–
dann wirst du weiß stehn wie die Wand,
davor du lange dumpf geirrt;
und wie ein Leichnam hinfällt, wird
dein Leib hinfallen in den Sand.
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