Paul Boldt: 4 Gedichte
Paul Boldt
(1885-1921)
DIE LIEBESFRAU
– Nackt. Ich bin es nicht gewohnt.
Du wirst so groß und so weiß,
Geliebte. Glitzernd wie Mond,
Wie der Mond im Mai.
Du bist zweibrüstig,
Behaart und muskelblank.
So hüftenrüstig
Und tänzerinnenschwank.
Gib dich her! Draußen fallen
Die Regen. Die Fenster sind leer,
Verbergen uns … – allen, allen! –
Wieviel wiegt dein Haar? Es ist sehr schwer.
– Wo sind deine Küsse? Meine Kehle ist gegallt,
Küsse du mich mit deinen Lippen!
– Frierst du? – – – Du bist so kalt
Und tot in deinen hellen Rippen.
ERWACHSENE MÄDCHEN
Wer weiß seit Fragonard noch, was es heiße,
Zwei stracke Beine haben in dem Kleide;
Roben gefüllt von Fleisch, als ob die Seide
In jeder Falte mit dem Körper kreiße.
Aus dem Korsage fahren eure Hüften
Wie Bügeleisen in den Stoff der Röcke,
Darauf wie Bienen auf die Bienenstöcke
Unsere Blicke kriechen aus den Lüften.
Ihr jugendlichen Sonnen! Fleischern Licht!
Wir haben den Ehrgeiz der Allegorien
Und hübschen Dinge im Gedicht.
Ich will mit eurer Bettwärme Blumen ziehn!
Und einen kleinen Mond aus dem Urin,
Der sternenhell aus eurem Blute bricht!
DIE SCHLAFENDE ERNA
Auf einer Ottomane aus Mohär
Liegt sie in Seidenröcken, eine Truhe
Voll Nacktheit, und ich denke voll Unruhe
An dein Geheimstes – schönes Sekretär.
Die Frauen tuen Wundervolles in die Seide.
Am Knie beginnt es. Ich will es auspellen,
Wenn Küsse summen nach hautsüßen Stellen
Im Bett, daß wir nicht schlafen können beide.
Du großes Mädchen, die noch kleinen Brüste
Schmücken dich mir. Auf den geheimen Schmuck
Hast du die linke weiße Hand gelegt;
Ich dachte: Soll die eine, die sie trägt –
Die schwarze Blume welken von dem Druck?
Und nahm die Hand weg, die ich leise küßte.
SINNLICHKEIT
Unter dem Monde liegt des Parks Skelett.
Der Wind schweigt weit. Doch wenn wir Schritte tun,
Beschwatzt der Schnee an deinen Stöckelschuhn
Der winterlichen Sterne Menuett.
Und wir entkleiden uns, seufzend vor Lust,
Und leuchten auf; du stehst mit hübschen Hüften
Und hellen Knien im Schnee, dem sehr verblüfften,
Wie eine schöne Bäuerin robust.
Wir wittern und die Tiere imitierend
Fliehn wir in den Alleen mit frischen Schrein.
Um deine Flanken steigt der Schnee moussierend.
Mein Blut ist fröhlicher als Feuerschein!
So rennen wir exzentrisches Ballett
Zum Pavillon hin durch die Türe ins Bett.
Paul Boldt poetry
fleursdumal.nl magazine
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