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Emanuel Geibel
(1815-1884)
Hoffnung
Und dräut der Winter noch so sehr
mit trotzigen Gebärden,
und streut er Eis und Schnee umher,
es muß doch Frühling werden.
Blast nur, ihr Stürme, blast mit Macht,
mir soll darob nicht bangen,
auf leisen Sohlen über Nacht
kommt doch der Lenz gegangen.
Drum still! Und wie es frieren mag,
o Herz, gib dich zufrieden,
es ist ein großer Maientag
der ganzen Welt beschieden.
Und wenn dir oft auch bangt und graut,
als sei die Höll’ auf Erden,
nur unverzagt auf Gott vertraut!
Es muß doch Frühling werden.
Emanuel Geibel Gedicht
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William Ernest Henley
(1849 – 1903)
When you are old
When you are old, and I am passed away—
Passed, and your face, your golden face, is gray—
I think, whate’er the end, this dream of mine,
Comforting you, a friendly star will shine
Down the dim slope where still you stumble and stray.
So may it be: that so dead Yesterday,
No sad-eyed ghost but generous and gay,
May serve you memories like almighty wine,
When you are old!
Dear Heart, it shall be so. Under the sway
Of death the past’s enormous disarray
Lies hushed and dark. Yet though there come no sign,
Live on well pleased: immortal and divine
Love shall still tend you, as God’s angels may,
When you are old.
William Ernest Henley poetry
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Stefan George
(1868-1933)
Im Park
Rubinen perlen schmücken die fontänen,
Zu boden streut sie fürstlich jeder strahl,
In eines teppichs seidengrünen strähnen
Verbirgt sich ihre unbegrenzte zahl.
Der dichter dem die vögel angstlos nahen
Träumt einsam in dem weiten schattensaal ..
Die jenen wonnetag erwachen sahen
Empfinden heiss von weichem klang berauscht,
Es schmachtet leib und leib sich zu umfahen.
Der dichter auch der töne lockung lauscht.
Doch heut darf ihre weise nicht ihn rühren
weil er mit seinen geistern rede tauscht:
Er hat den griffel der sich sträubt zu führen.
Stefan George Gedicht
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William Ernest Henley
(1849 – 1903)
Suicide
Staring corpselike at the ceiling,
See his harsh, unrazored features,
Ghastly brown against the pillow,
And his throat—so strangely bandaged!
Lack of work and lack of victuals,
A debauch of smuggled whisky,
And his children in the workhouse
Made the world so black a riddle
That he plunged for a solution;
And, although his knife was edgeless,
He was sinking fast towards one,
When they came, and found, and saved him.
Stupid now with shame and sorrow,
In the night I hear him sobbing.
But sometimes he talks a little.
He has told me all his troubles.
In his broad face, tanned and bloodless,
White and wild his eyeballs glisten;
And his smile, occult and tragic,
Yet so slavish, makes you shudder!
William Ernest Henley poetry
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Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)
Dämmrung senkte sich von oben
Dämmrung senkte sich von oben,
Schon ist alle Nähe fern;
Doch zuerst emporgehoben
Holden Lichts der Abendstern!
Alles schwankt ins Ungewisse,
Nebel schleichen in die Höh;
Schwarzvertiefte Finsternisse
Widerspiegelnd ruht der See.
Nun im östlichen Bereiche
Ahnd ich Mondenglanz und -glut,
Schlanker Weiden Haargezweige
Scherzen auf der nächsten Flut.
Durch bewegter Schatten Spiele
Zittert Lunas Zauberschein
Und durchs Auge schleicht die Kühle
Sänftigend ins Herz hinein.
Johann Wolfgang von Goethe poetry
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Stefan George
(1868-1933)
Das tier sieh das zurück mich zwang zu kommen
Das tier sieh das zurück mich zwang zu kommen.
Sei · grosser Weiser · mir dein schutz geliehen
Da drob mir puls und adern angstbeklommen.
Dir ist geboten andren weg zu ziehen ·
Gab er mir antwort da er sah mein weinen
Willst diesem wilden orte du entfliehen.
Denn jenes tier das deine klagen meinen
Lässt keinen weitergehn auf seiner strasse
Und bis es ihn getötet schaffts ihm peinen.
Bös ist es und verrucht in solchem maasse
Dass niemals ihm die süchtige gier ermattet
Und grösser wird sein hunger nach dem frasse.
Viel sind der tiere denen es sich gattet
Und mehr noch – bis der windhund es besiege
Der es mit wehevollem tod umschattet.
Er kommt dem nicht an land und schätzen liege ·
An weisheit nur an liebe und an tugend
Und zwischen filz und filz steht seine wiege.
Darum bedünket mich für dich das beste
Dass du mir folgst und ich sei der dich führe
Von hier dich leitend durch die ewige veste
Wo an dein ohr verzweifelt schreien rühre
Geister von ehmals du gewahrst die weinen
Flehend dass jeden zweiter tod umschnüre.
Und du wirst sehen die in feuers peinen
Doch frohgemut sind weil sie darauf bauen
Einst · wann es sei · den Seligen sich zu einen.
Wenn du dann aufwärts strebst zu deren gauen
Sei würdigere seele dir geleite:
Ihr will ich dich beim scheiden anvertrauen.
Stefan George Gedicht
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Emanuel Geibel
(1815-1884)
Krokodilromanze
Ich bin ein altes Krokodil
Und sah schon die Osirisfeier;
Bei Tage sonn ich mich im Nil,
Bei Nacht am Strande leg ich Eier.
Ich weiß mit listgem Wehgekreisch
Mir stets die Mahlzeit zu erwürken;
Gewöhnlich freß ich Mohrenfleisch
Und sonntags manchmal einen Türken.
Und wenn im gelben Mondlicht rings
Der Strand liegt und die Felsenbrüche,
Tanz ich vor einer alten Sphinx,
Und lausch auf ihrer Weisheit Sprüche.
Die Klauen in den Sand gepflanzt,
Tiefsinnig spricht sie: Tochter Thebens,
Friß nur was du verdauen kannst!
Das ist das Rätsel deines Lebens.
Emanuel Geibel Gedicht
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Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)
Den Originalen
Ein Quidam sagt: »Ich bin von keiner Schule;
Kein Meister lebt, mit dem ich buhle;
Auch bin ich weit davon entfernt,
Daß ich von Toten was gelernt.«
Das heißt, wenn ich ihn recht verstand:
»Ich bin ein Narr auf eigne Hand.«
Johann Wolfgang von Goethe poetry
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Heinrich Heine
(1797-1856)
Salomo
Verstummt sind Pauken, Posaunen und Zinken.
An Salomos Lager Wache halten
Die schwertgegürteten Engelgestalten,
Sechstausend zur Rechten, sechstausend zur Linken.
Sie schützen den König vor träumendem Leide,
Und zieht er finster die Brauen zusammen,
Da fahren sogleich die stählernen Flammen,
Zwölftausend Schwerter, hervor aus der Scheide.
Doch wieder zurück in die Scheide fallen
Die Schwerter der Engel. Das nächtliche Grauen
Verschwindet, es glätten sich wieder die Brauen
Des Schläfers, und seine Lippen lallen:
»O Sulamith! Das Reich ist mein Erbe,
Die Lande sind mir untertänig,
Bin über Juda und Israel König –
Doch liebst du mich nicht, so welk ich und sterbe.«
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William Ernest Henley
(1849-1903)
Out Of The Night That Covers Me
(Invictus)
Out of the night that covers me,
Black as the pit from pole to pole,
I thank whatever gods may be
For my unconquerable soul.
In the fell clutch of circumstance
I have not winced nor cried aloud.
Under the bludgeonings of chance
My head is bloody, but unbowed.
Beyond this place of wrath and tears
Looms but the Horror of the shade,
And yet the menace of the years
Finds, and shall find, me unafraid.
It matters not how strait the gate,
How charged with punishments the scroll,
I am the master of my fate:
I am the captain of my soul.
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Heinrich Heine
(1797-1856)
Enfant Perdu
Verlorner Posten in dem Freiheitskriege,
Hielt ich seit dreißig Jahren treulich aus.
Ich kämpfe ohne Hoffnung, daß ich siege,
Ich wußte, nie komm ich gesund nach Haus.
Ich wachte Tag und Nacht – Ich konnt nicht schlafen,
Wie in dem Lagerzelt der Freunde Schar –
(Auch hielt das laute Schnarchen dieser Braven
Mich wach, wenn ich ein bißchen schlummrig war).
In jenen Nächten hat Langweil’ ergriffen
Mich oft, auch Furcht – (nur Narren fürchten nichts) –
Sie zu verscheuchen, hab ich dann gepfiffen
Die frechen Reime eines Spottgedichts.
Ja, wachsam stand ich, das Gewehr im Arme,
Und nahte irgendein verdächt’ger Gauch,
So schoß ich gut und jagt ihm eine warme,
Brühwarme Kugel in den schnöden Bauch.
Mitunter freilich mocht es sich ereignen.
Daß solch ein schlechter Gauch gleichfalls sehr gut
Zu schießen wußte – ach, ich kann’s nicht leugnen –
Die Wunden klaffen – es verströmt mein Blut.
Ein Posten ist vakant! – Die Wunden klaffen –
Der eine fällt, die andern rücken nach –
Doch fall ich unbesiegt, und meine Waffen
Sind nicht gebrochen – nur mein Herze brach.
Heinrich Heine poetry
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Gerard Manley Hopkins
(1844–89)
No worst, there is none. Pitched past pitch of grief
No worst, there is none. Pitched past pitch of grief,
More pangs will, schooled at forepangs, wilder wring.
Comforter, where, where is your comforting?
Mary, mother of us, where is your relief?
My cries heave, herds-long; huddle in a main, a chief
Woe, world-sorrow; on an age-old anvil wince and sing—
Then lull, then leave off. Fury had shrieked ‘No ling-
ering! Let me be fell: force I must be brief’.
O the mind, mind has mountains; cliffs of fall
Frightful, sheer, no-man-fathomed. Hold them cheap
May who ne’er hung there. Nor does long our small
Durance deal with that steep or deep. Here! creep,
Wretch, under a comfort serves in a whirlwind: all
Life death does end and each day dies with sleep
Gerard Manley Hopkins
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