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Paul Klee
(1879-1940)
Warum machst du das, Bimbo
Warum machst du das, Bimbo,
grad an der Tür?
«Das der wißt, was da ist!»
Ein Fogel feift ein lid auf sein
Schnabel, hohe Döne.
Paul Klee poetry, 1933
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Paul Klee
(1879-1940)
Was bildet der Künstler?
Was bildet der Künstler?
Formen und Räume!
Wie bildet er sie?
In gewählten Proportionen . . .
o Satire,
du Leid der Intellektuellen.
Paul Klee Gedicht, 1905
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Paul Klee
(1879-1940)
Ich bin gewappnet
Ich bin gewappnet,
ich bin nicht hier,
ich bin in der Tiefe,
bin fern –
ich bin so fern –
Ich glühe bei den Toten.
Paul Klee Gedicht, 1914
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Paul Klee
(1879-1940)
Was scherimi ummi
Was scherimi ummi
I bi so guet wini
Der Kerli der i bi
kani nolang werde.
Spruchgedicht von Paul Klee, 1923
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Paul Klee
(1879-1940)
Die Individualität ist nichts Elementares
Die Individualität ist nichts Elementares,
sondern ein Organismus,
Elementare Dinge unterschiedlicher Art
wohnen da unteilbar zusammen.
Wenn man teilen wollte,
stürben die Teile ab.
Mein Ich ist beispielsweise
ein ganzes dramatisches Ensemble,
da tritt ein prophetischer Urvater auf,
da brüllt ein brutaler Held.
Da räsoniert ein alkoholischer Bonvivant mit einem gelehrten Professor.
Da himmelt eine chronisch verliebte Lyrica.
Da tritt der Papa pedantisch entgegen.
Da vermittelt der nachsichtige Onkel.
Da tratscht die Tante Schwätz.
Da kichert die Zofe Schlüpfrig.
Und ich schaue zu mit erstaunten Augen,
die gespitzte Feder in der Linken.
Eine schwangere Mutter will auftreten.
Bscht! rufe ich, du gehörst nicht hierher.
Du bist teilbar.
Und sie verblaßt.
Paul Klee Gedicht, 1905
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Hans Leybold
(1892-1914)
Der Tod des Menschen
Er hatte auf einmal kein Gesicht mehr.
Wo das sonst war, war nun eine weiße Fläche.
Seine Augen waren hinter die Schädelwand gerutscht.
Die Hände lagen unter seinen Füßen: man wusste
nicht, wie sie dorthin gekommen waren.
Seine Stimme war unter den Tisch gefallen; hatte
dort gescheppert, wie ein Tonteller; und war
dann plötzlich zerbrochen, mit einem letzten Klang.
Eine unvermutete Zigarre rauchte sich selbst auf.
Blies blaue Dünste.
Die krochen schweigsam in die getilgten Nasenlöcher des Menschen.
Da bissen sie sich fest; kratzten unnervige Wände. – –
Des Menschen Seele aber stolperte schon in paradiesischen Feldern.
Keine Windmühle störte seine nichterhoffte Aussicht.
Der Blick war weit und groß und grün.
Insekten tanzten golden.
Äcker brannten.
Hans Leybold poetry
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Hans Leybold
(1892-1914)
Traum der Sehnsucht
Wie oft hab ich meine Arme ausgebreitet
In der Nacht
Und hab gelegen
Und hab gewacht
Und hab gewartet auf dich …
Du musstest einmal kommen,
Und du kamst!
Du musstest kommen
Und du nahmst
All dies einsamgraue, öde Elend fort …
Du kamst wie ein Rosenhauch
In den Raum
Und knietest an meinem Bette –
Mir war’s wie ein Traum …
Und meine Arme schlossen sich
Sanft um deine gebeugte Gestalt.
Ich küsste Stirn dir und Haar,
Wieder und wieder … und mir war,
Als entzöge dich mir eine sanfte Gewalt …
Wo bliebst du … wo …?
Hart und roh
Schlägt mein Kopf an den Boden –!
Hans Leybold poetry
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Alfred Lichtenstein
(1889-1914)
Der Athlet
Einer ging in zerrissenen Hausschuhen
Hin und her durch das kleine Zimmer,
Das er bewohnte.
Er sann über die Geschehnisse,
Von denen in dem Abendblatt berichtet war.
Und gähnte traurig, wie nur jemand gähnt,
Der viel und Seltsames gelesen hat –
Und der Gedanke überkam ihn plötzlich,
Wie wohl den Furchtsamen die Gänsehaut
Und wie das Aufstoßen den Übersättigten,
Wie Mutterwehen:
Das große Gähnen sei vielleicht ein Zeichen,
Ein Wink des Schicksals, sich zur Ruh zu legen.
Und der Gedanke ließ ihn nicht mehr los.
Und also fing er an, sich zu entkleiden …
Als er ganz nackt war, hantelte er etwas.
Alfred Lichtenstein poetry
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An eine Landschaft
Verliere dein Geheimnis nicht vor mir,
Ich bitte dich, verbirg mir deine Reize,
Und wenn ich sehnlich nach Erkenntnis geize,
So schweige sphinxhaft meiner Wissbegier.
Erkennen heisst, ich hab’ es längst erkannt,
Die Welt in seine armen Grenzen pferchen;
Du lehre mich aus deinen hundert Lerchen,
Dass deine Schönheit kein Verstand umspannt.
Christian Morgenstern
(1871-1914)
Hans Hermans photos – Natuurdagboek 02-12
Gedicht Christian Morgenstern
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Georg Heym (1887-1912) Von toten Städten . . . Von toten Städten ist das Land bedecket, Wie Kränze hängt der Efeu von den Zinnen. Und manchmal eine Glocke rufet innen. Und trüber Fluß rundum die Mauer lecket. Im halben Licht, das aus den Wolken schweifet, Im Abend gehn die traurigen Geleite Auf Wegen kahl, in schwarzen Flor geschlagen, Die Blumen trocken in den Händen tragen. Sie stehen draußen in verlorner Weite, Ein Haufe schüchtern bei den großen Grüften. Noch einmal weht die Sonne aus den Lüften, Und malt wie Feuer rot die Angesichter. Georg Heym poetry fleursdumal.nl magazine
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Paul Boldt
(1885-1921)
DER FRAUENTOD
Der Tod umarmt mich in den warmen Frauen.
Beischlaf erregt, zersetzt die Moleküle.
Ich wandre durch Provinzen der Gefühle
Der Freude ab und komme in das Grauen.
Dich, Dirne, macht die Nacktheit antlitzschön.
Heiliges Fleisch steht auf den Knien im Haar.
Ich liege bei dir, lächelnd, am Altar,
Dem Tod entrückt auf deiner Brüste Höhen.
Aber nach den Umarmungen, nach allem
Durchscheinen jedes Fleisch die hellen Knochen.
Die Muskeln schimmern am Skelett, zerfallen.
Ich sterbe. Niemand hat zu mir gesprochen.
Irrsinnig lasse ich mich sagen, lallen,
Und fühle dich vor Blut und Brüsten kochen.
Paul Boldt poetry
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Paul Boldt
(1885-1921)
AUF DER CHAISELONGUE
Wir haben nicht der Sonne Sympathien.
Und man verspricht sich zwecklos in Gebeten.
Die Negerin, das Pferd und den Ästheten
Frißt Erde auf. Sie können nicht entfliehn.
Gott ist der Freund der Bäume und der Sterne.
Im Hochgebirge wilde Tannen schreien.
Orion hängt über dem All im Freien.
Monumental. Maßlos. In tauber Ferne.
Im Hirn Gelächter. Ich sprach: die Freiheit!! –
Das Weib ist populär. Der Koitus.
Das wadenwarme Bett. Man friert und freit. –
Gefüllt mit Zähnen ist zuletzt der Kuß. –
Komm du doch, Freund, verkürze mir die Zeit,
Mein fröhlich lärmender Revolverschuß.
MONOGAMIE
Fleisch. Es bewegt sich mit Blutschatten,
Und es versickert in zehn Tropfen Zehen.
Laß dich von meinen Seelenaugen sehen!
Sag etwas! Gattin, nenn mich deinen Gatten.
Die Küsse schlagen mich! Etwas Allmacht
Ist doch in den Anhäufungen von Armen.
Wie Kameraden liegen wir im warmen
Biwak der Herzen diese Fleischesnacht.
Wenn mir der Morgen in die Haare saust,
Schläfst du bei mir vom Mund bis an die Zehen.
Wir sind gottlos. Nur unser Herz verehrend.
Ein Löwenpaar, das unter Sternen haust.
Einer des andern große Stärke mehrend.
Wir sterben nicht. Das kann uns nicht geschehen.
Paul Boldt poetry
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