Paul Boldt: 2 Gedichte
Paul Boldt
(1885-1921)
ADIEU MÄDCHENLACHEN!
Sie nehmen Abschied, werden nicht vergessen
Die Wege, die sie jetzt gehn – du und ich,
Zwei Lächeln nur, mit denen sich
Apokalyptische Gesichte messen.
O fälschte doch mein sicheres Gesicht!
Die Furcht läuft in die Zukunft und sieht mutig,
Da liegst du, abgeküßt und schenkelblutig:
– Mein Hirn bellt auf – brautnackt im Ampellicht.
Die Schmerzen beißen in das Hirn hinein.
Was martert, mordet nicht mein wilder Freisinn!
O meine Mutter, weißhändige Greisin,
Nimm mich zurück ins Nichtgeborensein!
NACH DER NACHT
Laternen, die den Regenabend führen,
Haben die Stadt, die glänzende, verraten.
Eiweißer Eiter tropft im Lichteratem
Der Friedrichstraße, wo sich Dirnen rühren.
Die Augen kriechen aus den Faltenlidern
Und spritzen einen Blick, der dich begießt.
Sie lachen sich das Kleid vom Bauch; du siehst
Die Brüste – Krötenbäuche in den Miedern.
Du flohst, und Vögel sangen für dich junitags.
Der Morgen senkte sich in dein Gesicht.
Es schlugen Uhren an, weckten das Licht.
Doggengebell des Turmuhrstundenschlags.
Du öffnest deinen Mund, der ist lichtzahnig.
O Wanderungen im Gestein der Stadt!
O Röcheln, Schreie, seelenquälend Rad! –
Es sprudelt aus der Morgenröte sahnig.
Du schweigst. Hinter den dunklen Augen ruht
Das Hirn vom Krampf der tötenden Arsene.
Du lächelst, blickst – und da betritt die Szene
Die Sonne, jugendlich, im Wolkenhut.
Paul Boldt poetry
fleursdumal.nl magazine
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