Sophie Albrecht: Sehnsucht (Gedicht)
Sehnsucht
Entfernter Freund!
Um den auf immer
Im stillen Zimmer
Mein Auge weint;
Dann, wenn die Sterne
Am Himmel blinken,
Und Liebe winken,
Denk ich der Ferne
In der du, ach!
Jetzt um mich leidest,
Und Freuden meidest,
Mit Thränen nach.
Und wenn mein Freund
Im Stralenkleide,
Zu meinem Leide
Mitleidig scheint;
Da werf ich mich,
Mit stummen Sehnen
Und tausend Thränen –
O! sähst du mich!
An jene Flüsse
Zur Erde nieder,
Die unsre Lieder
Und unsere Küsse
Beym Sternenschein
So oft belauschten,
und sanfter rauschten
Durch diesen Hayn –
Ach! keine Lieder
Und keine Küsse,
Ihr – Hayn – und Flüsse!
Belauscht ihr wieder –
Und denk an dich,
An jene Zeiten,
So voller Freuden
Für mich und dich;
Dann ruf ich dich
Durch alle Wälder,
Durch Thal und Felder
Als hört’st du mich.
Und wüst und schaurig
Ist Hayn – und Trifte,
Wie Todtengrüfte,
So bang und traurig.
O! Mond und Sterne,
Blickt tausend Küsse
Und tausend Grüsse
Dem in der Ferne,
Ihr könnt’ ihn finden!
So ruf und weine
Ich oft alleine
In öden Gründen.
So lächelt dir
Der Mond oft Küsse
So traurig süsse
Mein Freund von mir.
Sophie Albrecht
(1757-1840)
Gedicht
Im Junius 1783
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