Francisca Stoecklin: Venus (Gedicht)
Venus
O Tag der Gnade,
Sieg des frühlinghaften Glänzens!
Da sich das Meer
in dich hineingeliebt,
die schlankste Welle
deine Anmutslinie zog.
Und dann ihr kluges Spiel
auf ewige Zeit
in deine Adern sang,
damit du sein Geheimnis
großen Liebenden erhältst.
Ihr Priesterinnen,
die in Venus Zeichen flammt,
fühlt oft die Sehnsucht
schmerzend nach dem Meere,
und in den höchsten Liebesfesten
Tod und Todesangst.
Du aber Göttin
schwebst unsterblich,
lächelnd über allem –
und mit bestrickender Gebärde
hält deine Hand
die rosige Muschel
des Verschenkens.
Himmel und Qualen
der Jahrtausende!
Francisca Stoecklin
(1894-1931)
Venus
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