Joseph Roth: Nervenschock
Nervenschock
Seht her: In einem Zauberknäul gebannt
schlottert und taumelt er an schwanker Krücke,
bald hart am Pflasterrand und bald zurück
prallt klappernd sein Gebein an rauher Wand.
Und aller Augen sind ihm zugewandt:
der frechen Neugier und des Mitleids Blick – –
ein Kind, das spielt, hält mitten still im Glücke,
als blick’ es plötzlich in ein dunkles Land . . .
Oh, seht ihn an! In graues Tuch gewandet,
der Menscheit Heldentum in torkelndem Zick-Zack
zwei Kreuzchen scheppern und zwei Bänder
fliegen – – –
Im roten Meer von Blut und Siegen
ist des Jahrhunderts stolzes Schiff gestrandet –
und das ist Euer Wrack! . . .
Joseph Roth
(1894 – 1939)
Nervenschock
Prager Tagblatt – 6.10.1918
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