Alfons Petzold: Abendlied im Kriege
Alfons Petzold
(1882-1923)
Abendlied im Kriege
Nun ist der Tag vergangen,
Der Sonne goldnes Rot
Verblaßt auf ihren Wangen,
Als läge sie im Tod.
Der Abend von der Herde
Der Sterne eingekreist,
Beschenkt die weite Erde
Mit seinem frommen Geist.
Die ist so arm geworden
Und trägt so böse Qual,
Seitdem das grause Morden
Braust über Berg und Tal.
Nur Scham kann ihr noch geben
Des Tages blanker Schein,
Drum hüllt sie gern ihr Leben
In weiches Dunkel ein.
Wohl geht auch jetzt das Grausen
Herum im Dorf und Stadt:
Es liegt so mancher draußen,
Der keinen Schlaf mehr hat. –
Und viele Frauen lauschen,
Indes die Lampe singt,
Ob nicht ein Mantelrauschen
Den Fernen näher bringt. –
Doch der steht mit den andern,
Verderben in der Faust,
Sieht tausend Sterne wandern
Granatensturmumbraust
Und nicht den Abend kommen
Mit seinem stillen Geist,
Der allen wahrhaft Frommen
Den Weg des Friedens weist.
Alfons Petzold poetry
Aus der Sammlung Der stählerne Schrei
kempis.nl poetry magazine
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