Thomas a Kempis: Gebet…Um die Gnade der Andacht zu erflehen
Thomas von Kempen
(Thomas van Kempen, Thomas a Kempis)
(1380-1471)
Gebet…
Um die Gnade der Andacht zu erflehen
Herr, mein Gott, all mein Gut bist Du.
Und wer bin ich, daß ich wage, zu Dir zu reden?
Ich bin Dein ärmstes Knechtlein
und ein verachtetes Würmlein,
viel ärmer und verächtlicher
als ich es weiß und zu sagen wage.
Gedenke doch, Herr,
daß ich nichts bin,
nichts habe und nichts vermag.
Du allein bist gut, gerecht und heilig.
Du kannst alles, leistest alles, erfüllst alles;
nur den Sünder lässest Du leer ausgehen.
Sei Deiner Erbarmungen eingedenk
und erfülle mein Herz mit Deiner Gnade,
der Du nicht willst,
daß Deine Werke fruchtlos seien.
Wie kann ich mich ertragen
in diesem elenden Leben,
wenn Du mich nicht stärkst
mit Deinem Erbarmen
und Deiner Gnade?
Wolle nicht abwenden
Dein Antlitz von mir;
wolle nicht Deine Heimsuchung verlängern;
wolle nicht Deinen Trost abziehen,
daß nicht werden
“meine Seele wie eine Erde
ohne Wasser vor Dir”.
Herr,
lehre mich Deinen Willen tun,
lehre mich vor Dir würdig und demütig wandeln:
denn meine Weisheit bist Du,
der Du mich in Wahrheit kennst
und gekannt hast,
ehe die Welt geschaffen war
und ehe ich geboren war in der Welt.
Thomas a Kempis: Gebet
KEMP=MAG – kempis poetry magazine
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