Novalis: An den Tod
An den Tod
Wie den Seraph himmlische Lust erfüllet,
Kommt der Brüder einer, auch selger Engel,
Den des Himmels Freundschaft mit ihm verwebte
Zu dem unsterblichen Bunde,
Wieder von der fernesten Welten einer
Wo er Glück und Segen die Fülle ausstreut
Heitre Ruhe mit friedlicher Palme über
Tausend Geschöpfe ergossen,
Und nun fällt in Engels Entzücken seinem
Freunde an die himmlische Brust und dann im
Kusse, unaussprechbare Freundschaftswonne
Einet die Seelen der Seraphs.
So werd ich mich freuen wenn du einst holder
Todesengel meine geengte Seele
Zu dem selgen Anschaun Jehovas durch die
Trennung vom Körper beflügelst.
Und sich dann die neidische Hülle abstreift
Gleich der Puppe welche den Schmetterling hält
Und zerplatzet kommet die Zeit der Reife,
Jener befreit dann entfliehet.
So wird sie auch fliehen die edle Seele
Aus dem Erdenstaube entlastet dort zu
Jenen höhern, bessern Gefilden reich an
Seliger Ruhe und Freiheit.
Wo ein ewger Frühling die Wangen kleidet
Und ich voll unsterblicher Kraft die Schöpfung
Sehe, staune, himmlische Freundschaft mich un-
sterblichen Geistern vereinet
Novalis (1772 – 1801)
Gedicht: An den Tod
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