Foto’s Hans Hermans – Gedicht Hugo Ball
Hugo Ball
(1886-1927)
Das Insekt
Laßt uns den Gottesdienst des Insekts aufrichten!
Lasset uns einen Gott anbeten, der Augen hat, die wie Rubine stechen!
Der Flügel hat, voll hieratisch zuckender Aufregungen frühgotischer Fenster.
Und einen roten Leib.
Seine Beine sind lang wie die Lotfäden, die von den Schiffen herunterhängen
In die finsteren Meere. Sein Leib ist errichtet in der obszönen Gelenkigkeit
Der Seiltänzer, Akrobaten und Kabarettistinnen. Wenn ihn Wollust verkrampft,
Vermag er den eigenen Stachel zu lecken.
Ganz kleine Hände haben die Stammesgenossen. Sie wohnen in den nassen Fichten.
Wahnsinnig sind sie vor zuviel Empfindlichkeit. Sie zucken vor Schmerzen bei jedem Hauch.
Ihre Augen sind lebende Edelsteine. Doch es gibt Sekten und Priesterschaften,
Die starren nur stets apathisch vor sich hin.
Sie unternehmen viel donquichotische Feldzüge gegen den Himmel. Sie surren wie
Flugmaschinen.
Sie sind ein Geschlecht von Entdeckern und kennen die Tragikkomödien der Kühnheit.
Tagsüber sind sie verborgen in den Wäldern, die von den Zeltlagern der Spinnen
Und weißen Traghimmeln wundersam überdeckt sind.
Manche auch aus den Millionen des Volkes suchen die Gloriolen der Sonne auf:
Die kleinen Fatamorganen und Luftgebilde und Strahlenvorhöfe des Kopfgestirns.
Dort führen sie ein goldhymnisches Dasein mit Tanzen und Toben und stürzen
Kopfüber auf Gartentische herab und begatten sich wütend.
Andere steuern vorbei an Kirchtürmen, Fabrikschloten und Dämmerungen
Über die höllischen Städte und Brückenbögen und Eiffeltürme
Über die drohenden Dampfkräne der Hafenstädte, die Wolkenkratzer Newyorks
Nach unratbaren Zielen der Schwermut.
Sie haben Völker und Götter und Mythen untereinander. Althochheilige Bräuche
Und Philosophien. Sie sind Feueranbeter. Sie pflegen den Selbstmord.
Sie fliehen die Erde und deren Plumpheit. Sie sind nicht abzuhalten
Von ihrem Verderben.
Dreimal und viermal und zehnmal mit dem Furor der Besessnen und Todgeweihten
Stürzen sie sich in die Magie dieses Feuermeers, hochtrabend und gierig.
Bis sie vom Funken erfaßt aufknistern und prasseln und Schiffbruch leiden
Wie Segelschiffe mit brennendem Takelwerk.
Hans Hermans photos – Natuurdagboek 01-12
Gedicht Hugo Ball
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