Friedrich von Schiller: Die Entzückung an Laura
Friedrich von Schiller
(1759-1805)
Die Entzückung an Laura
Laura, über diese Welt zu flüchten
Wähn’ ich – mich in Himmelmaienglanz zu lichten,
Wenn Dein Blick in meine Blicke stimmt;
Ätherlüste träum’ ich einzusaugen,
Wenn mein Bild in Deiner sanften Augen
Himmelblauem Spiegel schwimmt.
Leierklang aus Paradieses-Fernen,
Harfenschwung aus angenehmern Sternen
Ras’ ich in mein trunknes Ohr zu ziehn;
Meine Muse fühlt die Schäferstunde,
Wenn von Deinem wolllustheißen Munde
Silbertöne ungern fliehn.
Amoretten seh’ ich Flügel schwingen,
Hinter Dir die trunknen Fichten springen,
Wie von Orpheus Saitenruf belebt;
Rascher rollen um mich her die Pole,
Wenn im Wirbeltanze Deine Sohle
Flüchtig, wie die Welle, schwebt.
Deine Blicke – wenn sie Liebe lächeln,
Könnten Leben durch den Marmor fächeln,
Felsenadern Pulse leihn;
Träume werden um mich her zu Wesen,
Kann ich nur in Deinen Augen lesen:
Laura, Laura mein!
Friedrich von Schiller Gedichte
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